LUXEMBURG
Nach den Parlamentswahlen wird der alte Premierminister auch der neue sein
Am 7. Juni wählen die Luxemburger eine neue "Chamber", wie das 60 Deputierte zählende Parlament des Landes genannt wird. Fast alles spricht dafür, dass Großherzog Henri wieder den Christsozialen Jean-Claude Juncker mit der Regierungsbildung beauftragen wird.
Das zweitkleinste EU-Mitglied wird seit 2004 von einer Großen Koalition aus Christlich-Sozialer Volkspartei (CSV) und Sozialistischer Arbeiterpartei (LSAP) regiert. An deren Spitze steht mit Juncker der dienstälteste Regierungschef der EU. Bis heute verzeichnet er, der 1995 sein Amt antrat, traumhafte Zustimmungswerte: Laut Umfrage sind rund 90 Prozent der Luxemburger mit seiner Arbeit zufrieden. Junckers CSV kann bei der Wahl sogar mit Zugewinnen rechnen - und das, obwohl nach Jahren des Booms auch das wohlhabende Luxemburg die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu spüren bekommt.
Deren Folgen und das Krisenmanagement der Regierung dominierten auch den Wahlkampf - bis der deutsche SPD-Vorsitzende Franz Müntefering und Finanzminister Peer Steinbrück (ebenfalls SPD) mit Äußerungen über Steueroasen für Verstimmungen in Luxemburg sorgten. Münteferings Bemerkung, früher hätte man Soldaten in Steueroasen geschickt, musste in einem Land, das 1940 an nur einem Tag von der Wehrmacht überrannt wurde, denkbar schlecht ankommen. Steinbrück legte dennoch nach und nannte Luxemburg in einem Atemzug mit dem westafrikanischen Burkina Faso. Als der deutsche Außenminister Franz-Walter Steinmeier (SPD) Ende April den kleinen luxemburgischen Ort Steinfort besuchte, hatte Steinbrück seinen Burkina-Faso-Vergleich noch nicht angestellt, doch das Ansehen der Genossen im Großherzogtum war bereits arg lädiert. Dass Steinmeier sich nicht für Münteferings Äußerungen entschuldigte, erzürnte gerade die Konservativen noch mehr. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn (LSAP) warf Premier Juncker indes vor, er sei in der Diskussion um das Bankgeheimnis vor Nicolas Sarkozy und Angela Merkel "eingeknickt wie ein Splitter". Für einen kurzen Moment sah es nun so aus, als könnten sich die Koalitionäre entzweien. Doch inzwischen gilt als wahrscheinlich, dass das Gespann Juncker/Asselborn auch nach dem 7. Juni fortbestehen wird.
In den vergangenen sechs Jahrzehnten stellte die CSV nur einmal nicht den Premier: Von 1974 bis 1979 bildete die liberale Demokratische Partei (DP) unter Führung des späteren EU-Kommissionspräsidenten Gaston Thorn eine Regierung mit der LSAP. Ansonsten wechselte die regierende CSV regelmäßig ihren Juniorpartner aus, koalierte mal mit den Liberalen, dann wieder mit den Sozialisten. 2004 ging Juncker nach der Wahlschlappe der DP erneut eine Koalition mit der LSAP ein, die immerhin fast 23 Prozent der Stimmen auf sich verbuchte. Die Grünen, so schien es noch vor ein paar Jahren, könnten sich als potenzieller Regierungspartner hinzugesellen. Doch aktuell gilt eine schwarz-grüne Koalition als noch unwahrscheinlicher als eine Neuauflage der Liaison mit den Liberalen - die haben sich bis heute nicht von ihrer Niederlage bei den Wahlen 2004 erholt.
Die Luxemburger wählen alle fünf Jahre nach einem Verhältniswahlsystem, und eines scheint sicher: eine hohe Wahlbeteiligung. Denn im Großherzogtum gilt Wahlpflicht. Wer von den rund 222.000 Wahlberechtigten dieser nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld rechnen.