KOLLOQUIUM
Bild und Selbstbild von Parlamentariern
"Politiker sind nicht zu geistiger Leistung fähig", meinte der Soziologe Werner Sombart vor 100 Jahren. Warum auch heute viele Bürger wenig Vertrauen in Abgeordnete haben, erklärte der Parlamentarismusforscher Werner Patzelt beim Kolloquium "Selbst- und Fremdbild der Parlamentarier" am 18. Juni: "Der politische Bildungsstand reicht nicht aus, um das komplexe System zu verstehen, in dem Politik gemacht wird. Die Parlamentarier vermitteln ihren Arbeitsalltag nicht, die Bürger haben deshalb Wissenslücken und gefestigte Vorurteile."
Also müssen Politiker anders in die Öffentlichkeit gehen, befand der CDU-Abgeordnete Joachim Hörster: "Der Interessenausgleich ist unsere Aufgabe, den müssen wir vermitteln. In Talkshows steigert man nur den Bekanntheitsgrad, nicht die Kompetenz." Der Journalist Majid Sattar erklärte: "Medien wollen große Namen und tiefgreifende Äußerungen, wollen den Parteichef, nicht den innenpolitischen Sprecher. Die große Vielfalt des arbeitenden Parlaments, und damit Fachkompetenz, wird so kaum aufgegriffen." Fachkompetenz zeigen und alle nötigen Informationen verarbeiten sei nur möglich, wenn man sich auf Mitarbeiter, Kollegen, wissenschaftlichen Dienst und eigene Selbstdisziplin verlassen könne. "Ich muss Generalist sein und Spezialist", fasste es die FDP-Parlamentarierin Birgit Homburger zusammen.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wies auf das "bescheidene" Ansehen der Abgeordneten hin. "Die Deutschen misstrauen Parteien und Politikern", sagte er, schränkte aber ein: "In der Krise vertrauen sie dennoch auf Staat und Parlament." Ein schlechtes Image der Politik bedeute schließlich nicht, dass sie keine Relevanz besitze.