FAMILIE Ursula von der Leyen ist in den Augen der Bürger eine gute Besetzung. Im aktuellen "ARD-Deutschlandtrend" gaben 76 Prozent der Befragten an, dass das Familienministerium mit der CDU-Politikerin gut besetzt sei - eindeutiger Spitzenwert unter deutschen Ministern.
Doch trotz hoher Sympathiewerte in der Bevölkerung - als die Familienministerin am 11. November vor dem Bundestag die Leitlinien ihrer Politik der nächsten Jahre vorstellte gab es viel Kritik von der Opposition. Die eigene Verantwortung der Bundesregierung sei nicht zu erkennen, bemängelte Dagmar Ziegler (SPD), während Jörn Wunderlich (Die Linke) nur "leere Worthülsen" im Koalitionsvertrag erkennen konnte. Aus Sicht von Elkin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) sind die Antworten der Regierungskoalition auf Fragen der Familienpolitik "alle falsch".
Eine dieser als falsch bewerteten Antworten ist aus Oppositionssicht das Betreuungsgeld. Von 2013 an sollen Eltern, die ihre unter dreijährigen Kinder zu Hause betreuen möchten, monatlich 150 Euro erhalten. SPD, Linke und Grüne befürchten, dass dies dazu führen werde, dass Eltern aus bildungsfernen und finanziell schwachen Schichten ihr Kind nicht in den Kindergarten bringen, sondern lieber das Betreuungsgeld kassieren.
CSU-Familienpolitiker Johannes Singhammer verteidigte die geplante Regelung als Beitrag zur Wahlfreiheit der Eltern und griff seinerseits die Opposition an: "Sie wollen ein bestimmtes Lebensmodell von Familien in Deutschland zum Feindbild hochstilisieren. Dieses Lebensmodell können Sie offensichtlich nicht ertragen." Wer sage, dass die 150 Euro Betreuungsgeld nicht im Interesse der Kinder eingesetzt würden, stelle die Eltern unter Generalverdacht.
Für die FDP ist in dieser Frage "das letzte Wort noch nicht gesprochen", wie Miriam Gruß deutlich machte. Zwar sehe der Koalitionsvertrag auch die Vergabe von Gutscheinen statt Bargeld vor. Und dennoch: "Meine Kritik am Betreuungsgeld gilt weiterhin", sagte sie.
Auch die Ministerin sieht in dieser Frage noch Diskussionsbedarf. Das Betreuungsgeld dürfe nicht dazu führen, Kinder aus bildungsarmen Schichten von "Betreuung fernzuhalten". "Kinder, die zu Hause zu wenig Ansprache, keine Alltagsstruktur oder zu wenig Förderung erhalten, profitieren vor allem davon, wenn sie mit Gleichaltrigen zusammen sind, weil sie dadurch spielerisch Sprache, Fantasie und Kreativität entwickeln", sagte von der Leyen.
Ebenfalls umstritten ist die von der Koalition geplante Kindergelderhöhung um 20 Euro monatlich, die mit insgesamt 4,6 Millionen Euro zu Buche schlägt. Dieses Geld, so die SPD-Familienpolitikerin Ziegler, "hätten wir besser in Infrastrukturen für Kinder investieren sollen". Von der Erhöhung würden vor allem Gutverdiener profitieren. "Eltern im Arbeitslosengeld-II-Bezug haben davon gar nichts" kritisierte Ziegler.
"Goldene Zeiten für reiche Familien" sieht auch Linken-Politiker Wunderlich heranziehen. Kinder in Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften würden hingegen leer ausgehen, da ihnen die Kindergelderhöhung voll auf die Sozialleistungen angerechnet werde. "Sie sollten sich schämen", resümierte Wunderlich.
Wenn für die Ministerin, wie von ihr bekundet, tatsächlich die Bekämpfung der Kinderarmut ein Hauptthema ihrer Politik sein soll, müsse sie die Frage beantworten, warum die Kinder, die vom ALG-II-Bezug leben, leer ausgehen sollen, sagte die Grünen-Politikerin Deligöz. Im Koalitionsvertrag finde sich eine solche Antwort nicht, sagte sie.
Für Ministerin von der Leyen ist die Kindergelderhöhung ein richtiger Schritt, da damit das Abrutschen in Armut verhindert werde. Gleichzeitig kündigte sie an, den Kinderzuschlag weiterzuentwickeln um den Erwerbsanreiz für Eltern deutlich zu stärken. "Wenn Eltern genug für sich selbst verdienen, sollen sie nicht wegen der Kinder in Hartz IV rutschen", sagte von der Leyen.