BILDUNG
Der Bund will den Ländern bei der Bildung helfen. Offen bleibt das Wie dieser Hilfe
Die Entscheidung ist vertagt. "Die Gespräche laufen weiter", kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 16. Dezember zum Ende des Bildungsgipfels. Dabei sind sich Bund und Länder über die Größenordnung der Finanzlücke bei der Bildung weitgehend einig, auch darüber, dass der Bund aushilft. Nur über das Wie wird weiter gestritten. Fest steht zunächst nur, dass der Bund sich mit zusätzlichen 40 Prozent an der Finanzierung der Bildungsausgaben beteiligen wird. Das sind 13 Milliarden Euro jährlich, die helfen sollen, die Steuerausfälle, die den Ländern etwa durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz drohen, abzufedern.
Einig werden müssen sich Bund und Länder allerdings noch darüber, wie die Hilfe genau aussehen soll. Während der Bund konkrete Projekte finanzieren und den Ländern das Geld nicht direkt geben will, fordern die Länder einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer. Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), warnte davor, dass der Bund von den zusätzlichen Mitteln ein Mitspracherecht bei der Verwendung ableite. Merkel wiederum beanspruchte eine Restkompetenz für den Bund.
Beide bekräftigten das bereits beim Bildungsgipfel 2008 gesteckte Ziel, die Gesamtausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anzuheben. "Ich möchte, dass wir zu einer Einigung kommen, auch wenn es schwierig wird", sagte Merkel, während Beck mahnte: "Ich hoffe, dass wir am Ende eine dauerhafte Ausgabe auch mit einer dauerhaften Einnahme versehen." Eine Entscheidung müsse es beim nächsten Bund-Länder-Treffen am 10. Juni geben.
Für Agnes Alpers von der Linksfraktion sind die finanziellen Zusagen nicht mehr als "ein Tropfen auf den heißen Stein". In der Debatte über drei Anträge der Oppositionsfraktionen im Bundestag am 17. Dezember sagte sie, dass man zu diesem Schluss komme, da bereits im vergangenen Jahr auf dem Bildungsgipfel noch von einem Gesamtbedarf in Höhe von 60 Milliarden Euro pro Jahr gesprochen worden war, um bis 2015 das Ziel zu erfüllen, zehn Prozent des BIP für Bildung und Forschung auszugeben. "Um Ihre mickrigen 13 Milliarden Euro zu erreichen, sollen jetzt auch noch Pensionsansprüche von Lehrerinnen und Lehrern sowie Professorinnen und Professoren und sogar Kitabeiträge der Eltern einberechnet werden", kritisierte Alpers. Sie stimme dem sächsischen Kultusminister Roland Wöller (CDU) zu, der dies als "Taschenspielertricks" bezeichnet hatte.
Enttäuscht vom Bildungsgipfel ist auch die Sozialdemokratin Dagmar Ziegler. "Ziel dieses Treffens war es - da sind wir uns sicherlich einig -, verbindliche Finanzierungsschritte und konkrete Bildungsprojekte zu vereinbaren", sagte Ziegler, die als stellvertretende Vorsitzende in ihrer Fraktion für Bildung zuständig ist. "Dieses Ziel ist verfehlt worden." Die Entscheidung sei vertagt und die Enttäuschung darüber "landesweit zu spüren. Das Ergebnis dieser Woche wird sein: Steuergeschenke für die Hoteliers, aber immer noch keine verbindlichen Vereinbarungen für die Bildung." Ihr Appell an die Regierung, sie solle "sämtliche dieser eigenartigen Steuerpläne zurückziehen und den öffentlichen Haushalten die Spielräume eröffnen, die notwendig sind", waren vergebens. Am 18. Dezember passierte das Steuerpaket den Bundesrat.
Auch Kai Gehring von den Grünen ließ kein gutes Haar am Bildungsgipfel. "Auf dem Treffen von Kanzlerin, Bundesministerin und Ministerpräsidenten der Länder hätten Konsequenzen aus den Bildungsstreiks gezogen werden können und müssen", sagte Gehring. Das Treffen habe aber nur einen Titel verdient: "Der Berg kreißte und gebar noch nicht mal eine Maus." Seine Fraktion habe ein Paket an Maßnahmen geschnürt, mit dem der Bildungsaufbruch gelingen könne. "Im Gegensatz zu Ihnen haben wir auch einen Finanzierungsvorschlag gemacht." Er wies auf den Antrag ( 17/131) seiner Fraktion hin, der unter anderem vorsieht, den Solidaritätszuschlag von 2010 an "schrittweise in einen Bildungssoli umzuwandeln, indem die überschüssigen Einnahmen gezielt für Bildung eingesetzt werden". Der Regierung rief Gehring zu: "Mit diesem Bildungssoli könnten Sie konsequent in Bildungseinrichtungen investieren und damit einen gesamtstaatlichen Kraftakt stemmen. Darauf hätten Sie sich gestern auch verständigen können."
Für Thomas Feist (CDU) kommen die Forderungen der Grünen nach dem Bildungssoli zu spät. Sie ließen außer Acht, dass "noch nie mehr Geld für Bildung bereitgestellt wurde als heute". "Das in gewohnt klassenkämpferischer Manier verfasste Papier der Linken lasse ich an dieser Stelle unkommentiert", sagte Feist. Der Antrag der Linken ( 17/119) sieht unter anderem "eine umfassende Lehr- und Lernmittelfreiheit" vor, während die SPD in ihrem Antrag ( 17/109), der wie die zwei anderen an den Bildungsausschuss überwiesen wurde, eine Überarbeitung der Bologna-Reform fordert.
Der FDP-Abgeordnete Martin Neumann wies darauf hin, dass viele Kritikpunkte vor allem den Hochschulen anzulasten seien. Der Bologna-Prozess sei an vielen Stellen noch lange nicht abgeschlossen. "Aber ein Zurück wäre ganz bestimmt kein Schritt in Richtung Bildungsrepublik."
Für Peter Frankenberg (CDU), Wissenschaftsminister in Baden-Württemberg, geht vom Bildungsgipfel ein positives Signal für den Bologna-Prozess aus. Dass nach einer "solchen Jahrhundertreform eine Optimierung notwendig ist, ist völlig klar", sagte er am 17. Dezember im Bundestag. "Mit Bologna verhält es sich insgesamt wie mit der Kirche: Bologna semper reformanda, aber im Prinzip gut."