Mehr als 1.000 Kinder zu Gast im Bundestag
"Guten Morgen", schallt es aus rund 30 Kindermündern. Es ist Montagmorgen, aber die Kinder sitzen nicht in den Schulbänken, sondern stehen im Foyer des Reichstagsgebäudes. Vier Mal im Jahr lädt der Deutsche Bundestag an seinen Kindertagen zu speziellen Kinderführungen ein. Allein an diesem Montag, dem 1. Dezember 2008, kommen mehr als 1.000 Schülerinnen und Schüler im Alter von 6 bis 14 Jahren. Eine Schulstunde lang erfahren die jungen Besucher Wissenswertes über die Geschichte des Gebäudes und die Arbeit des Parlaments.
Was die Schülerinnen und Schüler bisher aus dem Fernsehen
kennen, beeindruckt aus der Nähe allein durch die
Größe. Das Volumen des Reichstagsgebäudes
entspricht 600 Einfamilienhäusern, der Plenarsaal ist 1.200
Quadratmeter groß.
Beim Rundgang durch das Reichstagsgebäude begegnen die kleinen
Besucher aber auch Details, die nicht jeder kennt: Der
ursprüngliche Dachentwurf von Architekt Lord Norman Foster,
die Inschriften der sowjetischen Soldaten, das Tastmodell für
blinde Menschen oder der Andachtsraum für die
Abgeordneten.
Die aufeinander gestapelten, rostigen Metallkästen im
Untergeschoss laden zum munteren Raten ein, was sich dahinter
verbirgt: Persönliche Sachen von den sowjetischen Soldaten,
die Abstimmungskarten der Abgeordneten oder die Geburtsdaten der
Politiker? Die richtige Antwort lautet: "Das ist ein Kunstwerk."
Für sein "Archiv der deutschen Abgeordneten" hat der
französische Künstler Christian Boltanski für jeden
Abgeordneten, der zwischen 1919 und 1999 demokratisch gewählt
wurde, einen Kasten erstellt und zu einem Gang
zusammengefügt.
Wie viele Stühle sind im Plenarsaal, warum haben nur die
ersten sechs Reihen Tische und wer sitzt hinter dem
Bundestagspräsidenten? Von der Besuchertribüne aus
verschaffen sich die Schülerinnen und Schüler einen
Überblick über die Sitzordnung im Plenarsaal. "Anders als
im Klassenzimmer gibt es innerhalb der Fraktionen keine feste
Sitzordnung", erklärt der Mitarbeiter des Besucherdienstes.
Eine Ähnlichkeit zum Klassenzimmer gibt es dennoch: Auch in
den Debatten gibt es oft Zwischenrufe. Damit die Stenografen die
Zwischenrufe zuordnen können, müssen sie alle 612
Gesichter der Abgeordneten auswendig lernen.
"Was sollen wir in der Kinderkommission besprechen?", fragt die Abgeordnete Diana Golze von der Linksfraktion die jungen Besucher vor der Besuchertribüne. Die Vorsitzende der Kinderkommission nimmt sich die Zeit, um mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. "Mehr Sportplätze", lautet heute ein Wunsch.
Dass sie sich mit ihren Anliegen an die Kommission wenden
können, wissen viele nicht. "Nach den Kindertagen kriegen wir
immer verstärkt Post", kann Golze aus Erfahrung berichten.
Eine Einschränkung macht sie jedoch direkt vor Ort: "Es gibt
drei Sachen, die wir nicht beschließen können: mehr
Ferien, mehr Taschengeld und weniger Hausaufgaben.
Die Kindertage im Jahr 2009 finden am 2. März, 8. Juni, 14. September und 30. November statt. Anmeldungen nimmt der Besucherdienst des Deutschen Bundestages unter der E-Mail-Adresse besucherdienst@bundestag.de entgegen. Der Termin am 2. März ist bereits ausgebucht.