Die Plenarsitzung am Freitag
Der Bundestag hat am Freitag, dem 5. Dezember, über die Menschenrechtssituation und über Verbraucherschutz auf den Finanzmärkten debattiert. Anschließend änderte er einstimmig das Wohngeldgesetz.
Zu Beginn der Sitzung verabschiedete das Parlament den
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuausrichtung der
arbeitsmarktpolitischen Instrumente (
16/10810,
16/11196), Das Gesetz sieht die Streichung der
"sonstigen weiteren Leistungen" und die Einführung einer
"freien Förderung" vor. Durch einen weiteren Gesetzesbeschluss
(
16/10806) wird der Beitragssatz zur
Arbeitsförderung zum 1. Januar 2009 von 3,3 auf drei Prozent
gesenkt. Das soll die Beitragszahler entlasten und positive Signale
auf dem Arbeitsmarkt setzen.
Die Linksfraktion sprach sich in einem Antrag ( 16/10618) gegen eine solche Beitragssenkung aus. Neben einem weiteren Antrag der Linken ( 16/10511), der eine Stärkung der Arbeitslosenversicherung durch Einbeziehung von öffentlich geförderten Tätigkeiten von Arbeitslosen und Arbeitssuchenden in die Versicherungspflicht forderte, wurden auch Anträge von Bündnis 90/Die Grünen sowie der FDP-Fraktion zur Arbeitsmarktpolitik abgelehnt.
Während die Grünen-Fraktion lokale
Entscheidungsspielräume und passgenaue Hilfen für
Arbeitsuchende sichern (
16/8524) sowie durch ein kompetentes
Fallmanagement die Rechte von Arbeitslosen stärken wollte (
16/9599), forderte die FDP-Fraktion, die
Arbeitsmarktinstrumente auf effiziente Maßnahmen zu
konzentrieren (
16/9093).
Nach Ansicht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Arbeitsministerium, Klaus Brandner (SPD), lässt die Neuregelung „Freiräume für die Akteure vor Ort“. Die Senkung des Beitragssatzes sei zudem „ein kräftiger Impuls für den Arbeitsmarkt“. Ralf Brauksiepe (CDU) verwies auf die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erreichte Erhöhung der Mittel für die „freie Förderung“ durch die Arbeitsagenturen von zwei auf zehn Prozent.
Während der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion,
Dirk Niebel, die Beitragssenkung als „richtig“
bezeichnete und weitere Beitragssenkungen, etwa zur
Rentenversicherung forderte, bezeichnete Werner Dreibus (Die Linke)
dies als „das Allerletzte, was man angesichts steigender
Arbeitslosenzahlen tun könne“.
Brigitte Pothmer (Bündnis 90/Die Grünen) lobte die
Aufstockung der Mittel für die freie Förderung“,
stellte jedoch fest, dass man dennoch weit hinter den bisherigen
Statuquo zurückfalle.
Den gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ( 16/11215) zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nahm der Bundestag am 5. Dezember 2008 an. Ein Antrag der Linksfraktion ( 16/11189) zum gleichen Thema wurde hingegen abgelehnt.
In der Debatte beklagte die CD/CSU-Abgeordnete Erika Steinbach,
dass es auch im 21. Jahrhundert „Christenverfolgung und
Sklavenhandel“ gebe. Besonders brisant sei die Situation bei
irakischen Christen, so Steinbach. Als „Schlag ins Gesicht
von Menschenrechtsverteidigern“ bezeichnete Burghardt
Müller-Sönksen (FDP) die Einladung eines "der
Menschenrechtsverletzung hochgradig verdächtigen" usbekischen
Ministers durch die Bundesregierung. Auch der Volker Beck
(Bündnis 90/Die Grünen) übte Kritik an dieser
Einladung und vermutete „militärische und
wirtschaftliche Interessen“ hinter dem Vorgehen des
Kanzleramtes.
Beck forderte zudem die Rücknahme des deutschen Vorbehalts gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Dies sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu. „Die Rücknahme ist an der Zeit“, so der Minister. Für die Linksfraktion sei der Kampf um mehr Menschenrechte auch der Kampf gegen eine „ungerechte Weltordnung“, sagte Wolfgang Gehrcke. Der Lauf der Welt dürfe nicht von G8 und Nato bestimmt werden.
Im Anschluss an die Debatte lehnte der Bundestag Anträge der
FDP (
16/3145,
16/4647), (
16/2096,
16/5315), (
16/6370,
16/8595), (
16/9340,
16/10392) sowie Anträge von Bündnis
90/Die Grünen (
16/821,
16/8032), (
16/6787,
16/10208), (
16/7411,
16/10283) ab. Ein weiterer Antrag der
FDP-Fraktion (
16/8903), der einen effektiven Rechtsschutz bei
der Terrorismusbekämpfung fordert, wurde zur weiteren Beratung
an die Ausschüsse überwiesen.
Der Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen stand am Freitagmittag auf der Tagesordnung. Den Abgeordneten lagen dazu Anträge der Linksfraktion (16/11185) und Bündnis 90/Die Grünen (16/11205) vor, die zur weiteren Beratung in den Finanzausschuss überwiesen wurden. Einen weiteren Grünen-Antrag ( 16/5290, 16/11226) mit dem Ziel des Anlegerschutzes bei Zertifikaten lehnten die Parlamentarier ab.
Redner aller Fraktionen sahen Handlungsbedarf beim Anlegerschutz. So sagte Hans-Michael Goldmann (FDP), es seien Korrekturen nötig, weil die Bankenbranche „viel Porzellan zerschlagen hat“. Aus Sicht von Ortwin Runde (SPD) gehören Leerverkäufe „auf den Prüftstand“.
Nicole Maisch (Bündnis90/Die Grünen) betonte, mehr
Sicherheit für die Anleger sorge auch dafür, dass der
Finanzmarkt wieder besser funktionieren könne. Sowohl die
Linken-Abgeordnete Karin Binder als auch Leo Dautzenberg (CDUCSU)
sprachen sich für ein „Nachdenken über eine
verlängerte Verjährungsfrist“ bei fehlerhafter
Beratung aus.
Die zunächst geplante Verabschiedung der Reform des Vergaberechts hat der Bundestag vertagt. Dafür beschloss er einstimmig eine Änderung des Wohngeldgesetzes( 16/10812, 16/10999, 16/11229, 16/11235). Danach sollen einkommensschwächere Haushalte bereits vom 1. Oktober 2008 an von den steigenden Wohnkosten entlastet werden.
Betroffen sind rund 800.000 Haushalte, darunter etwa 300.000
Rentnerhaushalte. Dies soll durch eine pauschalierte Einmalzahlung
geschehen, deren Höhe nach der Zahl der Haushaltsmitglieder
gestaffelt ist.
Die Gesamtkosten für das Vorziehen der Heizkostenkomponente
belaufen sich auf 120 Millionen Euro, die je zur Hälfte vom
Bund und von den Ländern getragen werden müssen.
Darüber hinaus befasstesich das Parlament mit dem Internationalen Jahr für sanitäre Grundversorgung, mit der Vereinbarkeit von Familie und Dienst bei der Bundeswehr und mit der Unabhängigkeit des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.