Das schwarze Gold fließt wieder durch die "Druschba"-Pipeline: Moskau hat den Export russischen Öls über die durch Weißrussland führende Leitung nach Deutschland und in andere Staaten wieder aufgenommen. Ob in Brüssel oder Berlin: Unisono wurde als Reaktion auf den Exportstopp verlangt, die Bezugsquellen für Energie zu diversifizieren, um die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu reduzieren. Kaum eine Rolle spielte bei dieser wirtschaftlich geprägten Diskussion ein überaus neuralgischer Aspekt: Die gewaltigen Öl- und Gasvorkommen können Präsident Wladimir Putin auch als politische Waffe dienen. Den Finger in diese Wunde legt in dieser Woche die Parlamentarische Versammlung des Europarats bei ihrer Wintertagung: "Die Gefahr einer Instrumentalisierung der Energieversorgung als politisches Druckmittel muss radikal ausgeschlossen werden", heißt es in einem Resolutionsentwurf, der vor allem auf Russlands Bedeutung als Rohstoffexporteur verweist. Energieausfuhren müssten allein nach wirtschaftlichen Kriterien erfolgen. Als der estnische Berichterstatter Marko Mihkelson im Dezember seine im Auftrag des Politischen Ausschusses erstellte Expertise vorlegte, war die Eskalation um den Öllieferstopp vom Januar noch gar nicht absehbar. Diese neue Wendung verleiht der Debatte zusätzlichen Zündstoff, die zu einem der brisantesten Themen der Sitzungswoche zu werden verspricht. Anlass für den Vorstoß des Straßburger Staatenbunds war der Druck, den Moskau vor Jahresfrist auf die Ukraine durch eine Drosselung der Gaslieferungen zwecks Durchsetzung höherer Preise ausübte. Im Januar führte Putin dem weißrussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor Augen, in welchem Maße der wegen seiner autokratischen Herrschaft international isolierte Minsker Präsident von Moskau abhängig ist. Auch die Westeuropäer befinden sich in einer ungemütlichen Lage. Bürgerrechtsgruppen werfen Brüssel und den Regierungschefs politisches Wohlverhalten gegenüber Putin vor: Wegen der begehrlichen Blicke auf russisches Gas und Öl gehe man nicht mit dem gebotenen Nachdruck gegen die Aushöhlung demokratisch-rechtsstaatlicher Standards in Russland vor.
Der Europarat sieht sich ebenfalls der Kritik ausgesetzt, es gegenüber Moskau an Konsequenz mangeln zu lassen. Zwar beklagten die Straßburger Parlamentarier mehrfach die Einschränkung der Pressefreiheit, die Gängelung der Opposition oder den Tschetschenien-Krieg. Doch Russland lässt sich bislang nicht beeindrucken. Erst unlängst verweigerte die Duma kühl die Ratifizierung einer Regelung zur Reform des Straßburger Gerichtshofs. Grund für die Renitenz: Dessen häufige Verurteilungen Russlands wegen Menschenrechtsverletzungen.