Es ist drückend schwül, heiß. Dunkle Wolken ziehen heran, der nächste Regenguss naht. Wahida Mahamudi Abassi schält Knoblauch auf der überdachten Terrasse ihres einfachen Steinhauses auf der Landzunge Uzi im Süden von Sansibar. Die Vegetation ist üppig, große Mango- und Zimtbäume, Baobabs und Bananen säumen die Ränder der nicht asphaltierten Straßen. Stromleitungen sind hier Fehlanzeige.
Die Familie Abassi betreibt im Dorf N'gambwa auf fruchtbarem Land eine kleine Landwirtschaft. Seit 2005 haben die Abassis und ihre drei kleinen Kinder ein 120-Watt-Solarmodul auf dem Wellblechdach. Die Anlage erzeugt Solarstrom für Glühlampen, Fernseher, Radio und für - ganz wichtig in dieser abgelegenen Gegend - Mobiltelefone. Aber nicht nur die Abassis erzeugen Strom, auf neun weiteren Hausdächern und der Schule werden die Sonnenstrahlen in Strom umgewandelt. So ist auch die staatliche Bildungseinrichtung in die Mini-Solarrevolution auf Uzi involviert, die ohne das Engagement der "Deutsch-Tansanische Partnerschaft e. V." (DTP) nicht hätte stattfinden könnnen.
Aus eigener ökonomischer Kraft können die Leute auf Uzi so eine Investition nicht bewältigen. Die Bauern und Fischer auf der Halbinsel haben zu wenig Geld. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass den meisten Menschen, bevor die DTP ihr Engagement an diesem Ort begann, die Solartechnik vollkommen fremd war. Nicht einmal Strom floss in diese Region. Das öffentliche Stromnetz in Tansania ist gegenwärtig nur für knapp zehn Prozent der tansanischen Bevölkerung zugänglich - fast ausschließlich in den urbanen Zentren.
Dieses infrastrukturelle Problem kann aber auch eine Chance sein, um mehr als bisher auf erneuerbare Energien zu setzen. Zum einen, um die Hauptenergiequelle Holz an vielen Stellen zu ersetzen und den enormen Druck auf den Waldbestand zu mindern und zum anderen das Heer der Dieselgeneratoren zum Rückzug aus Küchen, Bars und Gewerbe- betrieben zu zwingen.
Die Küche der Abassis befindet sich unter Palmenblättern neben ihrem Steinhaus. Der Reistopf hängt über einem offenen Feuer aus Holzscheiten. Es qualmt ziemlich. Als Reis in Kreuzkümmel-Kardamomsud im Wohnzimmer serviert wird, kommt ein heftiger Schauer nieder. Der Regen trommelt auf das Wellblech. Das Gespräch kreist um Geister, Glauben und Religion. Obwohl es mitten am Tag ist, wird es im Haus ziemlich dunkel. Nur die kleine Solarlampe im Flur sorgt für etwas Licht. "Wir bezahlen für die Stromnutzung jeden Monat 3.000 Tansanische Schilling (umgerechnet etwa 2 Euro) in die Kasse der Kooperative", erklärt Mtumweni. Durch die Gebühr soll bei der Dorfgemeinschaft und der Kooperative nicht der Eindruck entstehen, dass es Solarenergie gratis gibt. Nur dadurch sei auch gewährleistet, dass die Beteiligten die Technik und vor allem die empfindlichen Batterien auch sachgerecht behandeln. "Zum anderen", so Mtumweni weiter, "wollen wir mit dem eingenommenen Geld unser Solarsystem weiter aufbauen, neue Mitglieder werben und in neue Paneele installieren". Demonstrativ zeigt der 30-Jährige auf das Plakat "Sola sasa", das an der Wand hängt: "Solarenergie jetzt", und grinst den jungen Deutschen Jan-Moritz Adam an, der in Diensten des DTP hier sein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolviert und der der Kooperative bei allen technischen und organisatorischen Problemen hilft.
Zwei Tage später. Jan-Moritz Adam hat die Insel Sansibar verlassen und ist mit der Fähre nach Dar es Salaam gefahren. In der quirligen Großstadt, die den Regierungssitz beherbergt, obwohl Dodoma die Hauptstadt des Landes ist, trifft er im Büro des tansanischen Solarverbandes TASEA seine deutschen Kollegen, die wie er in der noch kleinen tansanischen Solargemeinde ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvieren. Es herrscht betriebsame Hektik, weil am nächsten Tag die kleine Messe Solar-Day stattfindet. Während einige der Deutschen ständig im Büro von TASEA arbeiten, kommen die anderen aus allen Landesteilen Tansanias zum Solar-Day angereist, um an der einzigen Messe zum Thema erneuerbare Energien in Tansania teilzunehmen. Cheforganisator ist Cuthbert Kimambo. Er ist auch der Vorsitzende des Solarverband TASEA, der inzwischen 120 Mitglieder aus allen Bereichen der erneuerbaren Energien zählt. Davon sind 20 Unternehmen im Solarbereich tätig.
Die 21-jährige Frieda Swoboda aus der Eifel ist mit dem Bus aus Mafinga nach Dar es Salaam gekommen. In dem südtansanischen Ort ging sie im Lutheran Vocational Training Center Mafinga zur Schule, lernte dort wie ihre afrikanischen Mitschüler das praktische Einmaleins der Solartechnik.
"In Mafinga hatten wir öfters mal kein Wasser. Auch als meine Eltern mich besuchten, gab's gerade keins, das fand mein Vater nicht gut", erzählt Frieda über elementare Erlebnisse. Am wichtigsten waren für sie die Gespräche mit den Afrikanern, besonders mit den Gleichaltrigen. Überrascht hat sie die Rolle der Frau im täglichen Leben. "Die Frauen kochen, die Männer arbeiten", sagt Frieda über ihre Begegnungen. Trotz dieser Ungleichheit war sie von der afrikanischen Herzlichkeit überwältigt.
Ähnlich positiv fällt das Resümee bei den übrigen von der DTP nach Tansania geschickten jungen Deutschen aus. Ihre Arbeit ist vor allem Pionierarbeit. Dabei ist der Lohn ihrer Bemühungen zu allererst die intensive Begegnung mit einer Welt, die vollkommen anders ist als die, in der sie aufgewachsen sind. Es ist ein Prozess, in dem beide Seiten voneinander lernen. "Ich wollte vor allem etwas über die Unterschiede zwischen meinem Leben in Deutschland und dem in Afrika erfahren", sagt Jan-Moritz Adam, der seine Kindheit in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Lütjenburg verbrachte. Außerdem wollen sie "eine lebenswerte Zukunft in einer gemeinsamen Welt ausloten".
Die Erfahrungen, die er auf Sansibar macht, werden ihm in lebendiger Erinnerung bleiben. Er wird später sagen können, dass er an einer kleinen Stelle dazu beigetragen hat, die Solarenergie im ostafrikanischen Land auf den Weg gebracht zu haben. Denn: Auch wenn die Träume noch so groß sind, jede Nachhaltigkeit beginnt im Kleinen: Wie auf dem kleinen, unscheinbaren Wellblechdach der Abassis auf Uzi.