Finanzen. Die Bundesregierung will Immobilien-Aktiengesellschaften (AG) mit börsennotierten Anteilen, so genannte Reits (Real Estate Investment Trusts), zulassen. Wie es in einem Gesetzentwurf ( 16/4026 ) heißt, soll damit die Lücke bei der indirekten Immobilienanlage geschlossen werden, um Wettbewerbsgleichheit gegenüber anderen europäischen Finanz- und Immobilienstandorten zu erreichen. Der Bundestag hat den Entwurf am 18. Januar zusammen mit einem Antrag der Linksfraktion ( 16/4046 ) zur Beratung an den Finanzausschuss überwiesen.
Die mit dem Reit-Status verbundene Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer würden nur gewährt, wenn die Reit-AG hohe Ausschüttungen von mindestens 90 Prozent der Erträge vornimmt und mindestens 75 Prozent der Einkünfte aus Immobilien erzielt, wobei die Möglichkeit des Immobilienverkaufs begrenzt wird, um einen reinen Immobilienhandel auszuschließen. Die Reit-AG muss laut Regierung ferner mindestens 75 Prozent ihres Vermögens in Immobilien anlegen.
Um das Steueraufkommen aus Vermietungs- und Verpachtungseinkünften sowie aus Grundstücksveräußerungsgewinnen zu sichern, plant die Regierung, dass eine direkte Beteiligung von zehn Prozent oder mehr am Grundkapital der AG nicht erlaubt wird. Zumindest würden die Dividenden nicht der günstigen Besteuerung unterworfen, wie sie sich ansonsten aus Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten ergeben würde. Zudem solle die Reit-AG ihre Steuerbefreiung erst erhalten, wenn sie an der Börse notiert ist. Sie solle ferner verpflichtet werden, auf Dauer eine Mindeststreuung von 15 Prozent der Aktien einzuhalten. Diese 15 Prozent sollen von Aktionären gehalten werden, die jeweils weniger als drei Prozent der Aktien besitzen.
Überwiegend als Wohnung genutzte Bestandsimmobilien sollen nicht auf Reit-AGs übertragen werden können. Die Regierung befürchtet negative Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt und Probleme für eine soziale Wohnungspolitik. Von Bedeutung seien vor allem die rund 1,3 Millionen Wohnungen der öffentlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen. Es hätte die Gefahr bestanden, heißt es zur Begründung, dass die Gesellschaften Spielräume für Mieterhöhungen ausschöpfen würden. Höhere Mieten würden sich wegen der von den Gemeinden zu übernehmenden Unterkunftskosten für Sozialleistungsempfänger negativ auf die öffentlichen Haushalte auswirken. Allerdings sollen die Reit-AGs Wohnimmobilien halten dürfen, die erst nach dem 1. Januar dieses Jahres gebaut worden sind.
Der Bundesrat kritisiert diese Einschränkung in seiner Stellungnahme. Er fürchtet negative Auswirkungen auf den Wohnimmobilienmarkt und auf das Finanzprodukt Reit. Die Begründung, die Mieter zu schützen, sei schwer nachzuvollziehen, da ausländische Reits und sonstige Investoren unbeschränkt deutsche Wohnimmobilien erwerben könnten. Für die Mieter werde daher nichts gewonnen, die Investitionsmöglichkeiten deutscher Reit-AGs aber stark beengt. Vielen verkaufsbereiten Kommunen würde die Möglichkeit genommen, ihre Immobilien zu verkaufen, aber dennoch weiterhin beteiligt zu bleiben und Entscheidungen beeinflussen zu können.
Wenn ihnen der Verkauf an einen Reit verwehrt werde, müssten sie sich an einen anderen Investor wenden, der möglicherweise eine der gefürchteten "Heuschrecken" sei, heißt es. Insgesamt unterbreitet der Bundesrat 32 Änderungsvorschläge und weist auf zu erwartende Gewerbesteuerausfälle für die Gemeinden von 48 Millionen Euro im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2011 hin. Die Regierung spricht in ihrer Gegenäußerung ( 16/4036 ) allerdings von lediglich 5 Millionen Euro Gewerbesteuer-Mindereinnahmen. Sie verteidigt im Übrigen die Festlegung, dass die Reit-AG's keine vermieteten Wohnimmobilien halten dürfen, die vor 2007 erbaut worden sind. Auch wenn ausländische Reits und Beteiligungskapital-Investoren (Private Equity) weiterhin deutsche Wohnungen kaufen können, würden durch die Ausklammerung der Wohnimmobilien Signale zum Schutz der Mieter und der Stadtentwicklung gesetzt. Viele dieser Investoren haben nach Einschätzung der Regierung in letzter Zeit verstärkt deutsche Wohnungen gekauft, um sie anschließend über deutsche Reits an die Börse zu bringen. Da Wohnimmobilien ausgeklammert blieben, könnten sie diesen Weg nicht gehen, um aus ihrem Investment auszusteigen. Zwar könne der Börsengang über ausländische Reits nicht verhindert werden, doch erscheint es für die Regierung schwieriger, deutsche Immobilien erfolgreich im Ausland an die Börse zu bringen. Doch auch ohne die Wohnimmobilien sind deutsche Reits für die Regierung ein attraktives Instrument. Schätzungen zufolge würde die Marktkapitalisierung deutscher Reits bei Einbeziehung von Wohnimmobilien bis 2010 insgesamt 30 bis 60 Milliarden Euro betragen. Auf Wohnimmobilien würden davon 4 bis 11 Milliarden Euro entfallen. Somit könnten rund vier Fünftel des potenziellen Marktvolumens auch ohne Wohnimmobilien realisiert werden. Zunächst sei entscheidend, betont die Regierung, dass Deutschland den Einstieg in den Reits-Markt schaffe. Wenn nicht, verlöre Deutschland vollständig den Anschluss an die übrigen Staaten mit Reits.
Die Linke fordert in ihrem Antrag den Verzicht auf die Reits-Zulassung. Sie begründet ihren Vorstoß damit, dass neue Steuervergünstigungen und Gewinnverlagerungen in das Ausland verhindert werden müssten. Die Einführung von Reits sei mit erheblichen Nachteilen für den Mietwohnungsmarkt und für die Kommunen verbunden. Der Finanzplatz Deutschland werde durch deutsche Reits nicht gestärkt, sondern geschwächt, heißt es weiter. Der Regierungsentwurf sehe mehrere Auflagen und Einschränkungen für die Reits vor, sodass es für diese im Ausland bessere Konditionen gebe.
Auch das Argument, durch die Einführung deutscher Reits würde ein "Damm gegen die aggressive Anlagepolitik der Private-Equity-Firmen" aufgebaut, sei sachfremd. Die Grenzen zwischen Kreditinstituten, Hedgefonds, Private-Equity-Gesellschaften und Reits würden immer fließender, betonen die Abgeordneten. Mit der Befreiung der Reits von der Körperschaft- und Gewerbesteuer schaffe die Bundesregierung eine neue Steuersubvention.