EUROPAAUSSCHUSS
Bundeskanzlerin Merkel hält nach Juni-Gipfel das Vertrauen in die EU für gestärkt, sieht aber auch Risiken
Vier Tage nach dem Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zufrieden: Die Substanz des Verfassungsvertrages sei erhalten worden, sagte Merkel am 4. Juli vor den Abgeordneten des Europaauschusses. Dabei habe Deutschland in seiner Funktion als EU-Ratspräsidentschaft auch eigene Interessen zurückgestellt, um zu einer Einigung zu kommen. Sie verwies darauf, dass nach dem jetzigen Kompromiss unter anderem auf eine gemeinsame Fahne und eine europäische Hymne verzichtet werden soll.
Doch Merkel musste bei ihrer Bilanz noch mehr Wasser in den Wein gießen: Mit Blick auf die Wünsche Polens und Großbritanniens warnte sie vor nachträglichen Änderungen an bestehenden Vereinbarungen: "Wenn es in der EU üblich wird, dass bei allen Regierungswechseln Verträge geändert werden, kommen wir in ein sehr kompliziertes Fahrwasser", sagte die Bundeskanzlerin. Sie dankte bei dieser Gelegenheit den nationalen Parlamenten, die nicht auf einem Vetorecht bestanden hätten.
Die Union lobte die Kanzlerin für die erfolgreiche Präsidentschaft und erklärte zu den Gipfelergebnissen: "Das ist weit mehr als am Anfang des Jahres zu erwarten war". Eine weitere Vertreterin der Union äußerte die Überzeugung, dass die Akzeptanz Europas insgesamt zugenommen habe. Auch die Sozialdemokraten bewerteten die deutsche Ratspräsidentschaft als "einen Ausdruck hervorragender Teamarbeit in der Koalition". Ein Vertreter der SPD wies die Kanzlerin aber dennoch unmissverständlich darauf hin, dass es die Ergebnisse des Juni-Gipfels wert gewesen wären "in einer Regierungserklärung gewürdigt zu werden". Traditionell wird über die Ergebnisse der EU-Gipfel entweder davor oder danach im Plenum debattiert. Zu dem Gipfel im Juni hatte es am 14. Juni eine Regierungserklärung von Angela Merkel gegeben. Das war aber nicht nur Vertretern der Opposition zu wenig: Sie beklagten sich gegenüber der Kanzlerin darüber, dass entsprechend der Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Bundestag kein so genanntes Einvernehmen hergestellt worden sei. Die Linke warf der Regierung vor, bei der deutschen Ratspräsidentschaft "Geheimdiplomatie" betrieben zu haben. Auch die Grünen zeigten sich enttäuscht: "Sie haben die Chance, den Bundestag einzubeziehen, nicht genutzt, das ist bitter"