Fast alle jungen Menschen in Deutschland wollen eine Familie gründen. Aber 30 Prozent der Frauen bleiben kinderlos. Mit unserer niedrigen Geburtenrate gehören wir zu den Schlusslichtern in Europa.Wieso klaffen Wunsch und Wirklichkeit soweit auseinander? An der finanziellen Unterstützung von Familien liegt es nicht, dass die Frauen in Frankreich, Skandinavien und in vielen anderen Ländern häufiger "Ja" zu einem Kind sagen. Denn was Kindergeld, Steuerfreibeträge und andere finanzielle Transfers für Familien anbelangt, stehen wir gut da. Erst in der vergangenen Legislaturperiode haben wir die Leistungen für Familien deutlich erhöht. Rund 60 Milliarden Euro gab der Bund 2003 für Familien aus, 20 Milliarden Euro mehr als 1998. Damit sind wir Spitze in Europa.
Den Familien in Deutschland drückt der Schuh an anderer Stelle. Was vor allem fehlt, sind Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Dies ist der entscheidende Schlüssel für die Entscheidung zugunsten von Kindern. Gerade hoch qualifizierte Frauen erfüllen sich ihren Kinderwunsch häufig nicht, da es für sie kein entsprechendes Angebot an Tagesbetreuung gibt.
Genau hier setzen wir mit unserer Politik an. Der erste Schritt war der Ausbau von Ganztagsschulen. Mit vier Millarden Euro unterstützt der Bund die Länder beim Aufbau eines flächendeckenden Angebots.
Jetzt folgt der zweite Schritt - der Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen. Sind Betreuungsplätze vorhanden, fällt die Entscheidung für ein Kind deutlich leichter, weil Mann und vor allem Frau nicht gezwungen sind, den eigenen Beruf an den Nagel zu hängen. Zum anderen sorgen wir durch hohe Qualitätsstandards und pädagogische Betreuung der Jüngsten für bessere Bildung und Chancengleichheit von Anfang an. Wie nötig das ist, hat uns die PISA-Studie deutlich vor Augen geführt.
Mit unserem Gesetzentwurf zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung (TAG) schaffen wir ein bezahlbares, flexibles und pädagogisch hochwertiges Betreuungsangebot für Kinder aller Altersgruppen. Dafür stellen wir den Kommunen ab dem nächsten Jahr jährlich 1,5 Milliarden Euro bereit. In "Lokalen Bündnissen für Familie" entwickeln Arbeitgeber, Verwaltung, private und staatliche Träger von Betreuungseinrichtungen gemeinsam familien- und kinderfreundlichere Strukturen. Verbesserungen für Familien bedeuten also auch konkrete Standortvorteile für die Kommune!
Der Ausbau der Infrastruktur ist der Königsweg in der Familienpolitik. Er führt zu besserer Bildung, mehr Chancengleichheit und in eine kinder- und familienfreundlichere Gesellschaft. Christel Humme MdB
Christel Humme ist familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.