Wenn sich der Himmel verdunkelt und die Luft erfüllt ist von einem durchdringenden Sirren, fürchten die Bauern in Asien oder Afrika um ihre Ernte. In Schwärmen, die nach hunderten Millionen zählen, fallen Heuschrecken über Felder, Gräser und Büsche her. Mit ihren mahlenden Kieferzangen können sie in kurzer Zeit die Jahresernte einer ganzen Region vernichten. In Kasachstan, Usbekistan und Turkmenien versuchen die Bauern nun, mit deutscher Hilfe der Plage von fast biblischem Ausmaß Herr zu werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) fördert ein Bio-High-Tech-Projekt gegen Heuschrecken. Mit zwei Millionen Euro fördert das bundeseigene Unternehmen aus Eschborn bei Frankfurt eine umweltverträgliche, effiziente Schädlingsbekämpfung. Das entspricht der Philosophie des 1975 gegründeten Unternehmens. "Nachhaltig" will die GZT helfen. Es geht um die Schaffung einer stabilen Infrastruktur. Die Gründung der GTZ geht zurück auf einen Vorschlag des damaligen Entwicklungshilfeministers Erhard Eppler (SPD).
Die Zeiten, in denen Großprojekte wie der Bau von Kraftwerken oder - wie in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ganze Stahlwerke - errichtet wurden, sind vorbei. Heute ist Know-how gefragt. Sollen in Indien etwa in einer unterentwickelten Region fünf Krankenhäuser zur medizinischen Basisversorgung der Bevölkerung entstehen, so ist zum Beispiel die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Finanzierung des Projekts zuständig und die GTZ für die beratende Begleitung. Konkret bedeutet das, von der GTZ bezahlte Ärzte beraten die Behörden. Wie groß müssen die Krankenhäuser sein, wieviel Personal wird benötigt, welche medizinischen Geräten sollen angeschafft werden? Die Ärzte sind für drei oder sechs Jahre bei ihr angestellt, sie sorgen dafür, dass das Projekt reibungslos realisiert werden kann. Gleichzeitig schickt die Gesellschaft Ingenieure in die Region, um die Durchführung des Vorhabens zu gewährleisten.
Insgesamt hat die GTZ rund 1.300 Fachleute in alle Welt entsandt. Dazu kommen mehr als 7.000 einheimische Mitarbeiter, "Nationales Personal", wie es bei der GTZ heißt. Das deutsche Unternehmen ist in 131 Ländern aktiv. Auch wenn mit gut 70 Prozent das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für den Löwenanteil der Aufträge in Höhe von 972 Millionen Euro gerade steht, ist die GTZ nicht der verlängerte Arm der Politik, obwohl die Bundesregierung mit 100 Prozent alleiniger Inhaber ist. Gewinne, die das privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen erwirtschaftet, fließen nicht in den Bundeshaushalt, sondern werden direkt in laufende Projekte reinvestiert.
Das Grundgesetz bildet die Grundlage des Handelns, das Entstehen demokratischer Strukturen ist ebenso wünschen- und erstrebenswert wie die Orientierung der Projekte an den Leitlinien moderner Umweltverträglichkeit. Die übrigen 30 Prozent der selbst erwirtschafteten Einnahmen setzen sich aus Aufträgen der Europäischen Union, den Vereinten Nationen und ihren Unterorganisationen, aber auch aus der Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen zusammen. Public Private Partnerships (PPP-Programme) ist das Angebot der GTZ gerade an mittelständische Firmen, in Entwicklungsländern zu investieren.
Will ein deutsches Unternehmen zum Beispiel auf dem vietnamesischen Markt akitv werden, so hilft die GTZ bei der Gewinnung von Partnerfirmen, stellt Fachleute mit guter Ortskenntnis zur Seite und beteiligt sich mit Geld. Seit Beginn des PPP-Programms im Jahr 1999 wurden so mehr als 250 Partnerschaften in 60 Ländern auf den Weg gebracht. Von den 100 Millionen Euro für diese Projekte stammen 40 Prozent aus den Kassen der öffentlichen Hand.
Die Beratungskompetenz bleibt aber nach wie vor das Pfund, mit der die GTZ wuchern kann. In der Eschborner Zentrale sind von den 1.000 hauptamtlichen Mitarbeitern 400 mit Projekten beschäftigt. Sie entwickeln Ideen, sondieren den Bedarf und wissen, ob ein Projekt sinnvoll oder machbar ist. So ist es die GTZ, die die Zusagen der Bundesregierung auf der Tokiokonferenz für den Wiederaufbau des völlig vom Krieg zerstörten Afghanistans mit in die Tat umsetzt. Bereits im Ende 2001 war eine GTZ-Fachmission nach Afghanistan gereist, um festzulegen wo und womit sofort geholfen werden muss. Auch dass die GTZ dann später beim Zustandekommen der großen Ratsversammlung Loya Jirga logistische Unterstützung leistete, gehört zu ihren Aufgaben.
Das ist sicher mehr, als sich Gründer Erhard Eppler 1975 vorgestellt hat. Er versprach sich von der privatwirtschaftlich geführten GTZ eine effizientere Arbeit, als es die Behörden zu leisten vermochten. Das Modell wurde ein Erfolg. Allein die Tatsache, dass die GTZ nach mehr als 30 Jahren zur Zeit über 2.700 Projekte in der ganzen Welt betreut, beweist, dass es die richtige Idee zum rechten Moment war. Der Vorsitzende des GTZ-Aufsichtsrates, Staatssekretär Erich Stather: "Die Herausforderungen an die internationale Gemeinschaft sind enorm und fordern großes Engagement bei allen Akteuren. Die GTZ spielte hierbei auch im vergangenen Jahr eine wichtige Rolle und konnte sichtbare Akzente deutscher Expertise setzen. Sie bewies sich dabei als modernes und zukunftsfähiges Unternehmen." Die beiden Geschäftsführer, Bernd Eisenblätter und Wolfgang Schmidt, wollen auch weiterhin den Nachweis erbringen, "dass ein Bundesunternehmen genauso effizient arbeiten kann wie ein Unternehmen der Privatwirtschaft". Sie sind überzeugt: "Unser Unternehmen ist fit für die Zukunft."
Carsten Lueb
Der Autor ist freier Fernsehjournalist in Köln und Berlin.