Anfang Juni 2004 war im Bonner Bundeshaus die globale Energiewende zu besichtigen: Delegierte aus über 150 Staaten sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Firmen diskutierten auf der "Renewables 2004" Schritte zur Förderung Erneuerbarer Energien.
Es wurde ein umfänglicher Katalog von Selbstverpflichtungen verabschiedet. Deutschland nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein: Der Anteil von Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme bei der Energieerzeugung soll mithilfe des investitionsfördernden, jüngst novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes bis 2020 auf 20 Prozent gesteigert werden. Die USA, die völkerrechtlich bindende UN-Beschlüsse über Umwelt- und Klimapolitik meist blockieren, hatten Beobachter entsandt.
Der weltweite Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung liegt bei drei Prozent. Noch wird der Großteil des Energiebedarfs mit Erdöl, Kohle und Erdgas gedeckt. Doch die Ressourcen sind nicht unendlich. Schon in 30 Jahren, so seriöse Schätzungen, dürfte es kaum noch auf rentable Weise erschließbare Ölvorräte geben. Zudem belastet die fortgesetzte Verbrennung fossiler Energieträger das Weltklima. Dass der Klimawandel zu einem erheblichen Teil vom Menschen verursacht ist, kann nicht mehr ernsthaft bestritten werden. "Jahrhundertsommer" wie im Jahr 2003 könnten künftig in unseren Breiten zur Regel werden. Weite Gebiete Südeuropas drohen zu versteppen. Für die ärmeren Länder Asiens und Afrikas hat die globale Erwärmung noch katastrophalere Folgen.
Angesichts des neuerlichen Höhenflugs des Ölpreises und der unsicheren Lage im Irak und in anderen Förderländern vor allem in der arabischen Welt sind Alternativen gefragt. Ein Revival der Atomenergie in Deutschland scheint aufgrund der weiterhin ungelösten Entsorgungsfrage sowie der Gefährdung durch Terroranschläge unwahrscheinlich. Gehört die Zukunft also den regenerativen Energiequellen? Demoskopische Befunde stimmen optimistisch. Trotz kontroverser Debatten an Standorten von großen Wind- oder Solaranlagen sind nach einer im Mai 2004 veröffentlichten Umfrage des Instituts Allensbach für fast drei Viertel der Bevölkerung die Sonne und für deutlich mehr als die Hälfte der Wind die Wunschenergiequellen der Zukunft. Fast zwei Drittel aller Befragten sprechen sich für eine stärkere (finanzielle) Förderung Erneuerbarer Energien aus.
Neben ökonomischen Faktoren wie auf den Strompreis umgelegte Einspeisevergütungen, die privaten Betreibern einen nahezu wirtschaftlichen Betrieb ihrer Anlagen ermöglichen sollen, sind auch ästhetische Aspekte zu berücksichtigen. So klagen Anwohner über eine "Verspargelung" der Landschaft durch Windräder. Diese werden nun auch auf hoher See, "offshore", angelegt. Wer etwa den Hindenburgdamm zwischen Schleswig-Holstein und der Ferieninsel Sylt überquert, sieht Windräder, so weit das Wattenmeer reicht. Wenige neue Großanlagen sollen schon bald viele kleinere ersetzen.
Wahrscheinlich katastrophale Klimaveränderungen sind nicht mehr abwendbar und werden in vollem Umfang erst in einem halben Jahrhundert eintreten, selbst wenn heute von einem Tag auf den anderen der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen auf null gebracht würde. Gefragt ist ein kluger Energiemix, der sich den ökologischen Herausforderungen stellt und von den innovativen Kräften des Marktes profitiert. Allen Szenarien ist gemeinsam, dass Energie künftig wohl deutlich teurer sein wird als bisher. Hier hilft neben Bemühungen um eine erhöhte Energieeffizienz vorhandener Anlagen vor allem ein noch umsichtigerer Verbrauch. Schon zur Zeit der ersten großen "Ölkrise" Anfang der siebziger Jahre lautete das Rezept: Energie sparen.