Man stelle sich vor, heutzutage würde die Dauer eines Fernsehsendetages zwei Stunden und 23 Minuten betragen, Übertragung nur in schwarz-weiß, versteht sich. Umschalten, zappen oder bis in die Nacht Spielfilme gucken? Nicht möglich in den Anfangsjahren des Fernsehens, wo es noch Mitte der 60er-Jahre lediglich zwei große Fernsehsender gab.
Doch so kurzweilig ging es am 1. April 1963 zu, als das "Zweite Deutsche Fernsehen" (ZDF) erstmals auf Sendung ging: Zum Sendestart um 19.30 Uhr hielt der frisch gebackene Intendant Prof. Dr. Karl Holzamer eine Ansprache auf dem neuen Kanal. Dann folgte das Wetter, bevor auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Kurt Georg Kiesinger, vier Minuten sprach. Im Anschluss gab es einen Film: die "Berlin-Melodie" und anschließend Nachrichten und die Programmtafeln. Zweieinhalb Stunden später war der ers-te Sendetag des neuen Fernsehprogramms vorüber.
Auf dem anderen Kanal sendete derweil der Konkurrent - die ARD. Sie war schon am 10. Juni 1950 in München gegründet worden, als "Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland", nur wenige Tage bevor im Juli 1950 im Nordwestdeutschen Rundfunk das erste deutsche Fernsehbild nach dem Kriege über die Mattscheiben flimmerte - ein Testbild nur, aber immerhin. Dann aber ging es Schlag auf Schlag: Die "Tagesschau" entstand und auch das erste Politmagazin, "Panorama". Und doch sollte es über 10 Jahre dauern, bevor sich mit dem ZDF Konkurrenz auf dem deutschen Fernsehmarkt etablieren sollte.
Der neue Kanal war auf Initiative der Adenauer-Regierung zunächst als "Deutschland-Fernsehen GmbH" konzipiert worden. Spöttisch wurde er daher bisweilen als "Adenauer-Fernsehen" tituliert. Genau diese Tatsache aber sorgte im Vorfeld der Gründung für ordentlich Streit zwischen Regierung und den Vertretern der Bundesländer: Die Länder wehrten sich gegen die Einflussnahme des Bundes auf den neuen Kanal und gingen vor das Bundesverfassungsgericht. Im "Ersten Fernsehurteil" vom 28. Februar 1961 entschied es im Sinne der Länder: Dem Bund wurde die Gründung des Privatunternehmens untersagt, gleichzeitig wurde die Kompetenzverteilung im Rundfunk eindeutig festgelegt. Künftig sollte der Bund für die Sendetechnik zuständig sein, die Organisation des Programmes jedoch den Ländern allein obliegen. Das Urteil bildete damit die Grundlage für den Staatsvertrag über die Gründung des ZDF: Er wurde am 6. Juni 1961, vor genau 45 Jahren, von den Ministerpräsidenten der Länder in Stuttgart unterzeichnet.
Als öffentlich-rechtliches Programm hatte das ZDF mit Sitz in Mainz fortan einen umfassenden "Funktionsauftrag". Darin heißt es bis heute: "Fernsehen hat Breitenwirkung. Das verpflichtet. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk dient dem Gemeinwohl." Weiterhin sollte der Sender informieren, integrieren und eine "Orientierung zu freier Meinungsbildung" geben.
Mit dem Sendestart 1963 erblickten auch die sechs Mainzelmännchen das Licht der Welt - damals noch in schwarz-weiß. Ihr fröhliches "Gu'n Aaamd!" zwischen den Werbeblöcken machte die von Wolf Gerlach gezeichneten Winzlinge schnell zu Kultfiguren. Doch erst am 25. August 1967 bekamen Anton, Berti, Conny, Det, Edi und Fritzchen Farbe auf die Bäck- chen: Da nämlich strahlte das ZDF auf der 25. Deutschen Funkausstellung Berlin das erste Farbfernsehprogramm der Bundesrepublik aus. Punkt elf Uhr sollte aus diesem besonderen Anlass der damalige Bundesaußenminister Willy Brandt auf den symbolischen roten Knopf drücken und die Bundesbürger so in die Vielfalt der bunten Television katapultieren. Nur leider nahm Brandt es mit der Zeit nicht so genau: Als er schon um 10.58 Uhr abdrückte und die Techniker damit den Farbimpuls sieben Sekunden zu früh auslösten, war die Attrappe, die Brandt vor sich stehen hatte, aufgeflogen. Die Nation freute sich, Panne hin oder her, über Showmaster Vico Torriani, der fortan die erste Farbfernsehsendung der Republik, den "Goldenen Schuss", moderierte.
Mittlerweile ist das Fernsehunternehmen zu einem der größten Europas herangewachsen und beschäftigt rund 3.600 Mitarbeiter. Seit 1964 sendet es aus seinem Sendezentrum auf dem Mainzer Lerchenberg. Sendungen wie "Wetten...dass?" oder die "heute"-Nachrichten und Showmaster wie Thomas Gottschalk oder Frank Elstner sind fester Bestandteil deutscher Fernsehkultur geworden. Und auch die Mainzelmännchen haben im "Zweiten" Karriere gemacht: Seit Herbst 2003 haben sie eine eigene Zeichentrickserie - und, im Zeitalter der Emanzipation, sogar zwei Zwillingsschwestern, Lea und Zara. Na, dann "Gu'n Aaamd!"