Europa. Die EU-Beitrittskandidaten Bulgarien und Rumänien sollen in die EU aufgenommen werden - die Kontrolle beider Länder bleibt jedoch weiter notwendig. Dies war der Tenor einer Debatte im Plenum am 1. Juni über den bevorstehenden Beitritt der beiden Länder am Schwarzen Meer. Die Aufnahme der beiden Staaten stelle einen konsequenten Schritt bei der Einigung Europas dar, erklärte der Staatminister beim Auswärtigen Amt Günter Gloser (SPD). Dies sei für Deutschland mit politischen und wirtschaftlichen Vorteilen verbunden. Wie alle seine Kollegen würdigte Gloser die erheblichen Fortschritte, die Rumänien und Bulgarien bei ihren Bemühungen für einen EU-Beitritt in den vergangenen Jahren erzielt haben. Gleichzeitig unterstrich er, die Staaten müssten weitere Anstrengungen unternehmen, um die vereinbarten Kriterien zu erfüllen. Er appellierte an die Regierungen, entsprechende Vorschriften umzusetzen.
Klare Erwartungen im Hinblick auf die noch defizitären Bereiche Justiz und Inneres sowie bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität forderte Gunther Krichbaum von der CDU/CSU-Fraktion. Die Reformbemühungen in diesen Bereichen müssten ganz oben auf der Agenda stehen. Als einer der größten Beitragszahler zum EU-Haushalt, brauche Deutschland außerdem Garantien, dass Steuergelder zweckentsprechend eingesetzt würden und nicht in dunklen Kanälen verschwänden.
Eine stärkere Ausrichtung der Europapolitik an ihren Erfolgen verlangte Markus Löning (FDP). Gerade die Osterweiterung sei ein solcher Erfolg für Deutschland und Europa. Dies müsse stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Löning machte deutlich, die FDP wolle einen Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum vorgesehen Termin am 1. Januar 2007. Er erklärte, Deutschland sei sogar völkerrechtlich dazu verpflichtet, den Beitrittsvertrag zu ratifizieren.
Ähnlich äußerte sich auch Rainder Steenblock (Bündnis 90/Die Grünen). Das Datum für den Beitritt Rumäniens und Bulgariens müsse, so Steenblock, trotz aller Probleme gehalten werden. Dennoch sollte die EU aber Konsequenzen aus den Schwierigkeiten ziehen, die mit dem Beitrittsprozess der beiden Länder verbunden gewesen seien. Vor einer Blockadehaltung der EU warnte Hakki Keskin von den Linken. Es sei nicht akzeptabel, wenn die anhaltenden gegenwärtigen Schwierigkeiten dazu führten, dass höhere Beitrittshürden ausgesprochen würden. Europa stehe für Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Sicherung des Friedens. Jeder weitere Beitrittskandidat, der diese Werte erfülle, könne ein Gewinn für die EU sein.
Bereits am 31. Mai hatte der Europaausschuss EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn versichert, Bulgarien und Rumänien würden auch nach ihrem wahrscheinlichen EU-Beitritt streng kontrolliert. Bei einem Besuch des Finnen im Ausschuss sagte dessen Vorsitzender Matthias Wissmann (CDU), die für den Herbst im Bundestag vorgesehene Ratifizierung des Beitrittsvertrages falle allen Kollegen leichter, wenn das Monitoring über die vorgesehenen drei Jahre hinaus nach dem Beitritt fortgesetzt werde. Der Bundestag werde seine Entscheidung nach Vorlage des nächsten EU-Fortschrittsberichtes zu beiden Ländern "und im Lichte dieses Berichtes" treffen. Rehn hatte für eine Ratifizierung des Beitrittsvertrages geworben. Sollten die Bedenken, die es gegen den Beitritt gebe, "nicht ausgeräumt werden, würden wir nicht zögern, restlos alle Abhilfeinstrumente einzusetzen", betonte der Kommissar. So könne etwa die Zahlung von EU-Geldern ausgesetzt werden. Im Übrigen arbeiteten beide Länder "hart an der Behebung der restlichen Mängel, um die Beitrittskriterien zu erfüllen".
Die Unions-Fraktion hob in der Fragerunde hervor, Rumänien und Bulgarien hätten sich "sehr zum Positiven verändert". Damit dieser Prozess andauere, müsse aber der Druck auf die Länder aufrechterhalten werden. Dem stimmte Rehn ohne Einschränkung zu. Von der SPD-Fraktion war die andauernde Korruption insbesondere in Bulgarien thematisiert worden. Dazu sagte Rehn, nach Vorlage des jüngsten Fortschrittsberichts habe das Land einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Korruption vorgelegt. Die FDP-Fraktion hatte angeregt, dass zukünftig nicht schon langfristig Beitrittstermine unumstößlich festgelegt werden sollten. Vielmehr müsse der EU, aber auch den nationalen Parlamenten, die Möglichkeit eingeräumt werden, kurzfristiger über den tatsächlichen Beitritt eines Landes abstimmen zu können. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen hatten auch die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei angesprochen. Die Grünen plädierten dafür, diese zu "entkoppeln". Es müsse klar sein, dass beide Länder die Verhandlungen "nicht im Gleichschritt beenden können". Rehn sagte, eine Differenzierung werde sich "ganz natürlich ergeben". Die Länder würden danach beurteilt, "was sie erreicht haben".