Finanzen. Die geplante Umsetzung der Ergebnisse der jahrelangen internationalen Verhandlungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht über das erforderliche Eigenkapital von Banken vom Juni 2004 ("Basel II") stößt bei Experten auf weitgehende Zustimmung. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses äußerten sie sich am 30. Mai zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und Kapitaladäquanzrichtlinie der EU ( 16/1335). Für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen bedeutet dies, dass die Anforderungen an das Eigenkapital stärker als bisher vom eingegangenen Risiko abhängig gemacht werden.
Künftig sollen allgemeine und besondere Entwick- lungen an den Finanzmärkten sowie im Risikomanagement der Institute berücksichtigt werden. Die Grundprinzipien der für die Bankenaufsicht zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sollen gesetzlich vorgegeben und die Offenlegungspflichten der Institute erweitert werden. Dabei soll die Risikomessung der BaFin an die Risikosteuerungsmethoden der Banken angenähert werden. Für das Kreditrisiko, das Marktpreisrisiko und das operationelle Risiko sind ein Standardansatz, ein auf internen Ratings basierender IRB-Ansatz und ein fortgeschrittener IRB-Ansatz vorgesehen. Nach dem Standardansatz werden nicht beurteilte Unter- nehmensforderungen mit 100 Prozent und beurteilte Forderungen mit abgestuften Anrechnungsansätzen zwischen 20 und 150 Prozent bewertet. Im so genannten Retail-Geschäft (Forderungen gegen natürliche Personen und Kredite an kleine und mittlere Unternehmen) sollen Kredite bis zur Gesamthöhe von 1 Million Euro mit einem Risikogewicht von 75 Prozent belegt werden. Bislang beträgt das Risiko für solche Forderungen 100 Prozent.
Für Jochen Lehnhoff vom Zentralen Kreditausschuss der deutschen Banken (ZKA) gibt es trotz der Zustimmung noch einige offene Fragen. Konkret sprach er die noch ausstehenden Verordnungen zur Umsetzung des Gesetzes, die Solvabilitätsverordnung und die Groß- und Millionenkreditverordnung sowie die geplanten Meldebögen an. Lehnhoff und weitere Sachverständige beklagten, dass durch die Änderungen die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Kreditwesengesetzes (KWG) sich deutlich verschlechtert.
Zustimmung äußerte auch der Präsident der BaFin, Jochen Sanio. Der Bundesregierung sei es gelungen, dass von den deutschen Verhandlungserfolgen in Basel zugunsten des Mittelstandes bei der Umsetzung der Brüsseler Vorgaben nichts verloren gegangen sei. Gerhard Hofmann von der Deutschen Bundesbank sagte, Basel II sei für die Bankenaufsicht ein Quantensprung. Damit werde ein moderner Standard für die neue Regulierung geschaffen. Das neue Regelwerk fördere die Finanzstabilität.
Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband bemängelte, dass es für finanziell schwächere Verbraucher schwieriger werden könnte, einen Kredit zu erhalten. Das höhere Risiko müsse über einen höheren Zins bezahlt werden, was für den Verbraucher zu einer Überschuldungssituation führen könne. Thilo Weichert vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein sah ein großes Problem darin, dass nicht geklärt sei, wie sich die Regelungen im Kreditwesengesetz mit Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes vertragen.
Erhard Gschrey vom Genossenschaftsverband Bayern meinte, kleinere Banken sollten für ihre Risikomessung dauerhaft den Standardansatz wählen können, einen erzwungenen Umstieg in die anspruchsvolleren IRB-Ansätze sollte es nicht geben. Dass die Banken mit ihren Rating-Verfahren "nahe am Kunden" bleiben wollen, unterstrich Peter Konesny vom ZKA. Dem Kunden werde eine ausführliche Rating-Information zur Verfügung gestellt.