Das Parlament: Herr Ambsdorf, was fasziniert Sie am Meer?
Jens Ambsdorf: Mir fiel schon in der Grundschule der Schweizer Meeresforscher Jacques Picard ein, als wir Schüler uns in einem selbst erfundenen Spiel ausmalten, wer wir gerne sein würden. Picard ist 1960 mit Donald Walsh in der "Trieste" den Marianengraben im Pazifik hinabgetaucht und hat den tiefsten Punkt der Erdoberfläche erforscht. Außerdem komme ich von der Küste, aus Flensburg. Eine gewisse Faszination für das Thema Meer ist also tief verwurzelt.
Das Parlament: Wie ist die Idee entstanden, die Lighthouse Foundation ins Leben zu rufen?
Jens Ambsdorf: Es ist eher so gewesen, dass aus mehreren Ideen ein Prozess entstanden ist. Zum einen gab es eine gewisse Grundbegeisterung für das Thema Meer, die eher emotional begründet ist. Das Zweite war die Beobachtung, dass das Meer in seiner Bedeutung für viele Menschen in ihrem täglichen Leben keine Rolle spielt. Das Dritte war die Frage nach der nachhaltigen Entwicklung. Der grundsätzliche Ansatz, dass man ökonomische, ökologische und soziokulturelle Entwicklungen nicht getrennt voneinander betrachten darf, um etwas anderes zu schaffen als das, was wir heute haben, ist vielfach schon wieder verloren gegangen. Zwar gab es einen Bewusstseinspik durch den Gipfel von Rio, aber heute redet man nur von einem Umweltgipfel, obwohl es um viel mehr ging als die Umwelt.
Das Parlament: Für Sie gibt es also keinen Widerspruch zwischen Ökologie und Ökonomie?
Jens Ambsdorf : Das kann gar kein Widerspruch sein, weil die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen auch zur Vernichtung von allen ökonomischen Grundlagen führt. Bei unseren Projekten legen wir Wert darauf, dass nicht nur ein Aspekt gesehen wird. Man muss die natürlichen Ressourcen in Verbindung mit der Frage sehen, wie man neue Möglichkeiten der menschlichen Nutzung schaffen kann, die nicht destruktiv wirken. Ein reines Naturschutzgebiet nutzt den Menschen vor Ort nicht unbedingt etwas. Allerdings nutzt einem der kurzfristige ökonomische Gewinn auf lange Sicht auch nicht, wenn man nicht sorgsam mit seinen Ressourcen umgeht.
Das Parlament: Wie kommen Sie auf die Projekte, die sie weltweit fördern?
Jens Ambsdorf Zum größten Teil werden sie an uns herangetragen. Dann kommt es zu einem Auswahlverfahren, aber es gibt keine einfache Checkliste nach dem Motto, das Projekt, das 98 von 100 Punkten erreicht, wird gemacht. Auf der Basis einer kurzen Projektskizze muss die Idee des Projekts klar werden. Dann diskutieren wir gemeinsam mit unseren Partnern, was an dieser Idee interessant ist und wo wir eventuell andere Schwerpunkte sehen. Wenn wir dann zu einem Ergebnis kommen, das für beide Seiten gut ist, führen wir das Projekt durch.
Das Parlament: Inwieweit können Sie bereits angelaufene Projekte beeinflussen?
Jens Ambsdorf: Wir arbeiten immer in engem Kontakt mit unseren Projekten und diskutieren neue Entwicklungen. Es ist auch notwendig, die Projekte regelmäßig zu besuchen. Wir versuchen, sie einmal im Jahr vor Ort anzuschauen.
Das Parlament: Arbeiten Sie eher mit Nichtregierungsorganisationen zusammen oder auch mit Regierungen?
Jens Ambsdorf: Wir arbeiten primär mit Nichtregierungsorganisationen zusammen. Das schließt aber nicht aus, dass wir mit Regierungen zusammenarbeiten. Gerade, wenn es um längerfristige Entwicklungen von lokaler und regionaler Bedeutung geht, muss es eine Brücke zu den Regierungen geben. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass die Vertreter der Bürgergesellschaft alles alleine richten können.
Das Parlament: Welche Regionen auf der Welt zählen Sie zu den Brennpunkten im Umweltschutz?
Jens Ambsdorf: Global betrachtet sind es alle Küstenregionen. An den Küsten drängt sich die Bevölkerung der Erde. Dort sind Seeverkehr und Industrie angesiedelt und es gibt den größten Druck auf die Umwelt. An der Manila-Bay beispielsweise fischen die Fischer inzwischen tonnenweise Plastiktüten in ihren Netzen und haben Schwierigkeiten, dazwischen noch einen Fisch zu finden.
Das Parlament: Welche Ziele und Wünsche haben Sie für die Zukunft ihrer Stiftung?
Jens Ambsdorf: Für uns ist ganz klar, dass das, was wir machen, auf eine breitere Basis gestellt werden muss. Die Lighthous-Foundation ist nur eine kleine Stiftung, aber das Thema ist so groß, dass Bedarf für Wachstum vorhanden ist. Ein Wunsch von mir für die Zukunft wäre, dass sich die derzeit noch vorherrschende Diskussion um die ökonomischen Perspektiven, die uns alle drücken, wieder verbreitert und man mehr in Betracht zieht, dass Ökonomie nicht alles ist. Dieser Tunnelblick auf das ökonomisch Notwendige versperrt den Blick auf die Wirklichkeit. Da müsste sich etwas tun.
Das Interview führte Ulrike Schuler