Schon lange Zeit durchzieht die Europäische Union ein tiefer Graben: der des Nicht-Verstehens. Allein im Europäischen Parlament erschwert ein Gewirr aus 20 Sprachen und 380 möglichen Sprachkombinationen die tägliche Kommunikation. Und die Bürger in Europa verstehen sowieso oft nicht, was die da in Brüssel eigentlich machen. Doch jetzt gibt es offenbar einen Ausweg aus dem babylonischen Verständnis- und Sprachenchaos. Die Kluft zwischen den EU-Bürgern und Brüssel wird endlich zugeschüttet - mit einem genialen Vorhaben: Latein wird zur gemeinsamen offiziellen Arbeits- und Amtssprache erklärt. Das macht nicht nur pensionierte Oberstudienräte glück- lich, sondern auch den Rest der 462 Millionen Europäer zwischen Lappland und Algarve. "Talis hominibus fuit oratio qualis vita" heißt das Motto, die Sprache der Menschen sei ihrem Leben gleich. Oder so ähnlich jedenfalls, ganz genau wissen das die EU-Beamten in Bruxellae nicht, schließlich sind die Latein-Intensivkurse gerade erst gestartet. Das Gerangel um Englisch, Französisch oder sogar Deutsch als dominierende Sprache der EU-Institutionen hat damit endlich ein Ende - "alea iacta est", wenigstens ein Würfel ist gefallen. Das sprachliche ,Zurück in die Zukunft' angeregt hat die amtierende finnische EU-Ratspräsidentschaft mit ihrem wöchentlichen Nachrichtenüberblick in Latein. Im Pisa-Nokia-Saunen-Land nämlich huldigen Radiohörer seit Jahren einem lateinischen News-Programm. Von wegen tote Sprache, argumentieren die Humanismus-fanatischen Finnen, quicklebendig sei sie, die Mutter aller romanischen Zungen. Von autocinetica (Autobahn) bis pilae coriaceae (Fußballstar) - die Welt von heute findet ihren Ausdruck auch in Wendungen von gestern. Sprödes Brüsseler Beamtensprech verwandelt sich dank des Lateinischen in reinste Poesie. Bei "ratio communis agros colendi" sind die vielen Fehlschläge einer "Gemeinsamen Agrarpolitik" buttersee- und milchbergweit entfernt. So kann für den 25 Staaten-Bund nicht schlecht sein, was sich als Amtssprache ruhmreicher Weltreiche bewährt hat. Aber wer kommendes Jahr erst 50 wird und auch die Nachwuchsplanung nicht abgeschlossen hat, für den fängt das Leben ohnehin erst richtig an. Latein ist der neue Klebstoff Europas! "Panem et circenses" ("Brot und Spiele") - schon bald Grundrecht eines jeden EU-Bürgers.