EU-USA GIPFEL
Abbau von Handelsbarrieren und Klimaschutz im Mittelpunkt des Treffens
Europäer und Amerikaner kommen sich wieder näher. Das zeigen die Ergebnisse einer Bertelsmann-Studie, die in den USA und elf europäischen Ländern erhoben wurde. Danach wollen 80 Prozent der Amerikaner, dass sich ihre Regierung beim Klimaschutz, bei der Kontrolle potenzieller Nuklearstaaten und bei der Sicherung der Energieversorgung mit Europa abstimmt. Auch in Europa ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit in einigen Ländern hoch. Gerade Deutsche und Spanier, die sich zu Beginn des Irakkriegs von den USA abwandten, wollen einen engeren Dialog. Skeptisch sind dagegen Franzosen, Italiener und - überraschenderweise - auch die Polen. Sie sind vom Bündnispartner, dem sie im Irakkrieg immer die Treue hielten, enttäuscht. Denn noch haben die USA die Visafreiheit nicht auf die zwölf neuen EU-Mitgliedsländer ausgedehnt. Beim EU-USA-Gipfel in Washington am 30. April wird dieses Thema eine große Rolle spielen.
Außenstaatsminister Günter Gloser sagte dazu vergangenen Mittwoch im Europaparlament in Straßburg: "Die Mobilität ist für uns ein wichtiger Faktor. Deshalb setzt sich die Ratspräsidentschaft nachdrücklich dafür ein, dass alle EU-Bürger in den Genuss des Visa-Waver-Programms kommen." Auch das umstrittene Passagierdatenabkommen soll zur Sprache kommen. Das Interimsabkommen, das Ende Juli ausläuft, erlaubt es den Luftfahrtgesellschaften, Kundendaten wie Kreditkartennummern oder spezielle Essenswünsche an die US-Heimatschutz-Behörde weiterzuleiten. Datenschützer und EU-Parlamentarier kritisieren diese Praxis, da europäische Datenschutz-Standards nicht gewährleistet seien. Derzeit verhandeln Beamte beider Seiten über ein Folgeabkommen.
Im Mittelpunkt des Gipfels soll aber die engere Wirtschaftszusammenarbeit stehen. Schon heute werden 40 Prozent der weltweiten Handelsgeschäfte zwischen den beiden Kontinenten abgewickelt. Experten glauben, dass weitere Steigerungen möglich sind und vor allem die Kosten erheblich gesenkt werden könnten. Das soll durch "Abbau der nichttarifären Handelshemmnisse" geschehen. Damit sind unterschiedliche Rechnungslegungsstandards, Patentrechte und Sicherheitsstandards gemeint. Es wird geschätzt, dass allein bei der PKW-Herstellung fünf bis sieben Prozent der Exportkosten eingespart werden könnten, wenn die Amerikaner europäische Sicherheitstests anerkennen würden - und umgekehrt.
Ein "Transatlantischer Wirtschaftsrat" soll den Abbau solcher Handelshemmnisse anregen, die Ergebnisse überprüfen und jährlich bei den europäisch-amerikanischen Gipfeltreffen einen Bericht dazu vorlegen. Auf europäischer Seite soll Industriekommissar Günter Verheugen dem Gremium angehören, der ja bereits innerhalb der EU viel Erfahrung mit den Tücken des Bürokratieabbaus gesammelt hat. Das Weiße Haus will einen "Politiker im Kabinettsrang" entsenden - wahrscheinlich Edward Lazear, den Wirtschaftsberater des US-Präsidenten.
Während sich also zu Beginn von Angela Merkels transatlantischer Initiative viele fragten, was denn am transatlantischen Handel noch verbesserungsfähig sei, werden nun die Spielräume sichtbar, die noch nicht ausgereizt sind. Von einer möglichen Steigerung des europäischen Bruttosozialprodukts um drei Prozent spricht der CDU-Obmann im EP-Binnenmarktausschuss, Andreas Schwab. Experten in der Bundesregierung schätzen das Wachstumspotenzial immerhin auf 2,5 Prozent, während sie sich vom Abbau der Zollschranken im Rahmen der Doha-Runde nur Zuwächse von 0,3 Prozent versprechen. Neben der Rahmenvereinbarung zur transatlantischen Wirtschaftskooperation will der Gipfel eine gemeinsame Erklärung zur Außen- und Sicherheitspolitik unterzeichnen, in der die enge Abstimmung der Partner bei Krisen wie im Nahen Osten, Iran oder Afghanistan unterstrichen werden soll. Außerdem ist eine gemeinsame Erklärung zum Klimaschutz vorgesehen, deren exakter Wortlaut mit Spannung erwartet wird.
Die Bertelsmann-Umfrage zeigt, dass der Stellenwert des Themas in den USA gestiegen ist - auf einer Rangliste politischer Prioritäten steht es nach dem Iran-Problem und der Energieversorgung auf Platz drei. Im Entwurf der Erklärung heißt es, dass "Klimaschutz ein ernstzunehmendes Problem darstellt, das mehr Anstrengungen erforderlich macht - diesseits und jenseits des Atlantiks."Die Erwartungen an den Gipfel sind also groß. "Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die gemeinsame Basis, die gelegentlich auf eine harte Probe gestellt wird, einiges aushält," erklärte Staatssekretär Gloser dazu im Europaparlament. Die Abgeordneten sehen die transatlantischen Beziehungen deutlich kritischer. Vor allem die Abwägung zwischen Sicherheit und Terrorabwehr, wie sie im Konflikt um das Passagierdatenabkommen zum Ausdruck kommt, führt die Europaparlamentarier zu völlig anderen Bewertungen. Auch in der Haltung zu unliebsamen Drittstaaten wie Kuba oder Iran zeigen sich große Unterschiede.
So berichteten einige österreichische Abgeordnete über den Fall Bawag, der in Österreich hohe Wellen schlägt. Ende vergangenen Jahres unterzeichnete die US-Finanzgesellschaft Cerberus einen Kaufvertrag für die österreichische Gewerkschaftsbank. Bis Mitte dieses Jahres soll das Geschäft abgewickelt sein. Anfang April kündigte der Vorstand der Bank, die derzeit noch unter Regie des alten Eigentümers steht, die Konten aller in Österreich lebenden Kunden mit kubanischem Pass. Betroffen sind ungefähr hundert kubanische Kunden. Die Bank begründet die Maßnahme damit, sie wolle ihre Geschäftsbeziehungen zu amerikanischen Partnern nicht gefährden.