Auf dem Boden sind gelbe Postkisten mit Hunderten von Bewerbungen aufgereiht. Sie stammen allesamt von Juristen, die sich auf eine allgemeine Ausschreibung des Deutschen Bundestags beworben haben. Die Bewerbungsmappen der bereits ausgewählten 16 Kandidaten liegen separat auf einem Karton. Noch wissen sie ebenso wenig von ihrem Glück, wie die anderen von ihrer Absage. "Es ist manchmal nicht leicht, Hoffnungen zu zerstören", bekennt Ruth Lang. Seit Mai 2006 leitet die promovierte Juristin das Personalreferat für den höheren und gehobenen Dienst.
Rund 2.500 Mitarbeiter sind beim Deutschen Bundestag angestellt, etwa 1.000 davon im höheren und gehobenen Dienst. Referatsleiter, Referenten und Sachbearbeiter. Menschen mit Universitäts-, FH- oder einem vergleichbaren Abschluss. Für sie ist Referatsleiterin Ruth Lang mit ihrem Team zuständig: 26 Dienstposten plus Praktikanten und Referendare. Sie kümmern sich auch um Grundsatzfragen, also darum, dass das Beamten- und Tarifrecht einheitlich umgesetzt wird. Das Schwesterreferat betreut den mittleren und einfachen Dienst.
Die 16 Juristen haben Glück gehabt. Auch deshalb, weil Stellen im Bundestag nur in fünf Prozent der Fälle öffentlich ausgeschrieben werden. "95 Prozent werden intern besetzt", sagt Ruth Lang. Nur wenn sich niemand aus dem Haus auf eine interne Ausschreibung bewirbt, hält man außerhalb der Parlamentsverwaltung nach Bewerbern Ausschau. Oder, wie im Fall der Juristen, wenn dringend neue Mitarbeiter gesucht werden. "Wir brauchen Juristen für fast alle Bereiche, ganz besonders für die zentrale Verwaltung", sagt Ruth Lang. Etwa 250 Volljuristen arbeiten beim Deutschen Bundestag.
Dass sich das Personalreferat meist auf interne Bewerber fokussiert, hat seinen Grund: Die Bundestags-Mitarbeiter sollen sich im Haus bewegen, um, wie es im Personaljargon heißt, "Verwendungsbreite" zu erlangen. Zugleich bleibt der Bundestag durch die Vielseitigkeit ein interessanter Arbeitgeber für ambitionierte Bewerber. Ruth Lang ist selbst ein Beweis für die flexible Verwendbarkeit der Mitarbeiter. 1997 kam sie von der Universität Bonn zum Bundestag, arbeitete zunächst im wissenschaftlichen Dienst, dann für den Parteispenden-Untersuchungsausschuss und wechselte 2004 schließlich in das Personalreferat - das sie seit Mai 2006 leitet.
Und was muss ein Bewerber mitbringen, um eine Zusage zu erhalten? "Gute Noten, Sozialkompetenz und ein bis zwei Fremdsprachen", nennt Ruth Lang einige Schlüsselfaktoren. Ausschlusskriterien gibt es natürlich auch. "Wir hatten mal einen Bewerber, der im Jogginganzug zum Gespräch kam", erinnert sie sich lachend. Und auch die junge Frau, die gleich von ihrer Kündigungsschutzklage gegen ihren letzten Arbeitgeber berichtete, verbesserte dadurch nicht ihre Chancen.
In den ersten fünf Minuten des Gesprächs, so Ruth Lang, trenne sich meist schon die Spreu vom Weizen. Bei internen Bewerbungen müssen sich die Interessenten einer Fünfer-Runde stellen, bei externen Bewerbungen sitzen bis zu sieben Verantwortliche in der Kommission. Neben der Leitung jenes Referats, für das der Bewerber vorgesehen ist, kommen auch Vertreter des Personalreferats und des Personalrats sowie die Gleichstellungsbeauftragte dazu. In der Regel melden sich drei bis fünf Bewerber auf eine interne Ausschreibung. Ungewohnt hoch war hingegen das Interesse, als der Kunstkurator einen Sachbearbeiter suchte. 15 Bewerber kamen zum Gespräch.
Die Kunst begeistert auch die Personalleiterin. Hinter ihrem Schreibtisch verströmt ein abstraktes rotes Ölgemälde pure Energie, auf der gegenüberliegenden Seite schafft eine grüne Landschaft in Acryl einen beruhigenden Gegenpol. Beides Werke von Ruth Lang - bei der Malerei entspannt sie sich in ihrer Freizeit. "Aber dazu komme ich kaum noch", bedauert sie.