ÖKO-EIER
Noch produzieren Bio-Legehennen nur drei Prozent der deutschen Eier. Trotzdem geht die Tendenz langsam zu größeren Betrieben.
Der Bio-Stall: Ein Gewusel von Federn und Gegacker, Hühner, die auf den Stangen sitzen, vorsichtig in den Garten gehen, scharren, picken. Der Freiland-Stall: Ein Gewusel von Federn und Gegacker, Hühner, die auf Stangen sitzen oder eben im Garten scharren und picken. Die Unterschiede - eine Legehenne pro Quadratmeter weniger und biologisch angebautes Futter - sind kaum sichtbar. Zumindest nicht bei Thies Aderholt in Schleswig-Holstein.
So kann er aussehen, der deutsche Eierhof: 8.000 Freiland-Hühner und 3.600 Bio-Legehennen in zwei Gebäuden, drumherum 24 Pensionspferde, ein paar Hektar Ackerbau, Highland-Rinder, die gegen Bezahlung auf städtischen Wiesen grasen, Schafe und Ziegen für Besuchskinder und mittendrin Kater Fritzi, der um Streicheleinheiten buhlt.
Die Aderholts wollen von den öko-liebenden Deutschen profitieren. Bisher haben sie auf ihrem Bauernhof in Schlüsbek, einem Dorf sechs Kilometer von Kiel entfernt, nur Freiland-Legehennen gehalten. Seit diesem Monat verkaufen sie auch Bio-Eier. Der Grund: Die Nachfrage. Aderholts größter Kunde, ein Betreiber von Lebensmittelläden in Kiel und der weiteren Umgebung, hat vor anderthalb Jahren angefragt, ob die Bauernfamilie dem Öko-Boom nicht folgen könne. Das Kundeninteresse sei schließlich da. Wenn der Umbau fertig ist - ein neuer, großer Stall für die Freiland-Tiere, weit weg vom Bio-Gefügel - wollen die Aderholts 11.600 Hühner halten - derzeit sind es jeweils 1.800 Freiland- und Bio-Hennen.
Nach Angaben des Informationskreis Legehennenhaltung stagniert die Eierproduktion in Deutschland zwar seit Jahren, aber die Zahlen hören sich trotzdem noch gewaltig an. 4,9 Milliarden Eier haben deutsche Privathaushalte in den ersten acht Monaten dieses Jahres nach Angaben der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP) schon gekauft. Allein 560,8 Millionen Stück erwarben die Verbraucher im August. Der Anteil der Bio-Legehennen an der Gesamtproduktion war jedoch nur drei Prozent. Aber auch wenn das für den Laien nach unglaublich großen Massen klingt: 30 Prozent der Eier, die hierzulande gegessen oder verarbeitet werden, kommen aus dem Ausland.
Die Aderholts haben sich vor einigen Jahren bewusst für Legehennen entschieden. Ende der 90er, als Thies Aderholt die Hofleitung übernahm, haben sie ihre Rinder abgeschafft und den alten Hühnerstall ausgebaut. Das Großvieh war nicht mehr rentabel und "außerdem hatte ich zum Melken keine Lust", meint Aderholt und grinst. "Wir haben aber immer Freilandhaltung betrieben und halten auch nur sieben Hühner pro Quadratmeter." Neun seien im konventionellen Freiland-Stall erlaubt. "Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Hühner eine bessere Legeleistung haben, wenn sie weniger sind."
Bei der Umstellung von Freiland- auf Öko musste die Bauernfamilie einiges beachten: Der Stall brauchte mehr Tageslicht, das Futter muss zu 95 Prozent aus biologischem Anbau stammen und die konventionellen Hühner mussten sechs Wochen lang mit Bio-Futter gefüttert werden, bevor ihre Eier auch zum Biopreis verkauft werden durften. Die nächsten Hühner, die die Aderholts kaufen, werden schon ökologisch aufgezogen sein. Dadurch kosten sie dann doppelt so viel wie herkömmliche Legehennen.
Die Arbeit machen sie selbst, Vater, Mutter, Thies, seine Frau, der Bruder und die Schwägerin helfen auch noch mit. Mit weiterem Personal rechnet Thies Aderholt erstmal nicht. Ein traditioneller Familienbetrieb also, zwar der größte Eierhof der Umgebung, sagt Aderholt, aber im Vergleich zu Betrieben, die für große Supermarktketten produzieren, immer noch klein.
Wie viele Eierhöfe in Deutschland teilweise oder ganz auf Bio umstellen, beziehungsweise umgestellt haben, ist nicht bekannt. Nach Informationen des Statistischen Bundesamtes, gab es im Jahr 2003 knapp 4.000 reine Bio-Betriebe, die Gefügel hielten. Das ist aber nicht nach Masttieren und Legehennen aufgeschlüsselt. Auch gibt es keine Zahlen darüber, wie viele Legehennen ein durchschnittlicher Betrieb hat oder wie groß die Spannweite ist. Die EG-Ökoverordnung besagt, dass nicht mehr als 3.000 Hühner in einer Einheit leben dürfen. Die Aderholts haben ihre Ställe zweigeteilt: Im Bio-Haus leben zukünftig jeweils 1.800 Hühner pro Einheit, die sich Legekästen, Stangen und Auslauf teilen. Es gibt aber eine Tendenz zu noch größeren Höfen, sagt Heike Engelhardt von der ZMP. "Es gibt schon Betriebe mit beispielsweise zwei Einheiten à 3.000 Hühner." Das habe logistische Gründe. "Der Lebensmitteleinzelhandel nimmt viele Produkte ab und da lohnt es sich, mehr anzubieten", so Engelhardt.
Aderholt hat sich ausgerechnet, dass er schon mit den 1.800 Bio-Hühnern, die derzeit auf seinem Hof weilen, im Jahr 10.800 Euro Gewinn machen kann. Auf die Frage, ob er noch stärker auf ökologische Haltung umstellen will, zuckt er zweifelnd die Schultern. Momentan gebe der Markt genau das her, was er anbiete. Er überlegt, sich dem "Bioland"-Verband anzuschließen. "Aber die Vorschriften sind noch komplizierter als die der EG-Ökoverordnung. Da müsste ich zum Beispiel auch das Futter für die Pensionspferde auf Bio umstellen, weil ja der ganze Betrieb ökologisch sein soll. Und das ist dann doch ein bisschen viel."