VON ANNETTE SACH
Eines ist gewiss: Der Wald lässt niemanden kalt. Das ist zunächst einmal praktisch zu sehen. Denn schon bei den Römern spendeten Silvaniens Schätze Wärme, Energie und Rohstoffe. Über Jahrhunderte entzündeten Menschen Lagerfeuer, fachten Öfen und Kamine an. Später in den Zeiten der Industrialisierung, als die Kohle bereits Einzug in den Wohnzimmern gehalten hatte, "wärmten" die Menschen ihre Gedanken am "Mythos Wald" - dem perfekten Gegenentwurf zur Moderne. Mitte des vergangenen Jahrhunderts geriet die ökonomische Bedeutung des Holzes und damit auch des Waldes kurzzeitig in den Hintergrund. Statt nach Scheiten, Bucheckern und Pilzen suchten die Menschen jetzt im Wald nach Erbauung, Erholung und Einsamkeit.
Spätestens seit der Diskussion um unsere Energiereserven und die Folgen des Klimawandels lässt der Wald Emotionen ganz anderer Art hochkochen. Mit steigender Nachfrage nach Energie und Rohstoffen wird die ökonomische und ökologische Bedeutung des Waldes immer größer. Fragen, wer wann und wie den Wald nutzen darf, auf welche Weise er am besten geschützt werden kann und welche Auswirkungen der Umgang mit dem Wald auf die globale Erwärmung hat, erhitzen die Gemüter in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Auf der UN-Klimakonferenz in Bali Anfang Dezember wird das Thema der globalen "Entwaldung" ganz oben auf der politischen Agenda stehen und zwischen den Vertragsstaaten für "Zündstoff" sorgen.
Der Wald hat aber nicht alleine eine politische Bedeutung. Das wußte schon Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), als er schrieb: "Ich ging im Walde so für mich hin, Und nichts zu suchen, das war mein Sinn." Was aber vielleicht nicht so ganz stimmte, denn Goethe suchte und fand dort sicherlich eines: Inspiration. Die möchten wir Ihnen mit dieser Ausgabe zum Wald auch geben und ganz verschiedene Seiten des Themas beleuchten: seinen Mythos ebenso wie seine Bedeutung für Wirtschaft und Umwelt. Dabei werden Menschen vorgestellt, die vom, im und mit dem Forst leben. Der Fokus liegt dabei auf den Wäldern Deutschlands. Denn auch die Wirkungen des Waldes auf die Umwelt nicht regional begrenzt werden können, wurde in dieser Ausgabe auf eine Darstellung der Problematik - oder besser gesagt der Tragödie - der "Entwaldung" der Regenwälder und der Wälder auf der Nordhalbkugel weitgehend verzichtet. Sie verdienen eine eigene Betrachtung.
Nichtsdestotrotz sollten wir uns bewusst machen, dass es unser Lebensstil und unsere Kaufentscheidungen sind, die weltweit für das Wohl und Wehe der Wälder mitentscheidend sind. Der Klimawandel führt uns klar vor Augen, dass wir alle miteinander verbunden sind. Der Schutz des Waldes beginnt daher an vielen Stellen, vor allem aber beim bewussteren Umgang mit unseren Ressourcen. Der Wald wird ein Spiegel dafür sein, denn, so der Volksmund, "wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus".