Eine solche Aufregung wie am 27. April gab es selten im Plenarsaal des Deutschen Bundestages. Vier Demonstranten seilten sich während einer Plenardebatte von der Besuchertribüne ein Stockwerk tiefer zu den Abgeordnetensitzen ab, nachdem sie zunächst Flugblätter geworfen hatten. Zeitgleich seilten sich zwei Aktivisten von der Dachterasse des Reichstages und verdeckten die Inschrift "Dem deutschen Volke" mit einem Plakat "Der deutschen Wirtschaft". Die Plenarsitzung über den Ausbau der Kinderbetreuung wurde vorzeitig beendet - allerdings nicht wegen der Proteste, sondern mangels Beschlussfähigkeit aufgrund zu weniger anwesender Abgeordneter.
Doch letzten Endes war das nur ein kleiner Zwischenfall, der die Arbeit der Abgeordneten kaum beeinträchtigte. Am täglichen Geschäft des vergangenen Jahres lässt sich auch erahnen, was in kommenden Jahr unter der Kuppel des Reichstages geschehen wird. Einige Beispiele seien genannt: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) empfing 2007 17 Parlamentspräsidenten, fünf Staatspräsidenten und zwei Außenminister. In 20 Sitzungswochen traten die Abgeordneten an insgesamt 59 Tagen zu Plenarsitzungen zusammen. Dabei verabschiedeten sie 134 Gesetze, darunter das "Dritte Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes", das "Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport" und das "Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Bergmannssiedlungen". 89 dieser Gesetze sind bereits im Bundesgesetzblatt verkündet und damit in Kraft getreten oder werden es zum bestimmten Zeitpunkt sein.
Aber zum Alltag der Abgeordneten gehören nicht nur diese Texte. Fraktionen, Bundesrat, Ministerien und andere am Gesetzgebungsprozess Beteiligte produzierten insgesamt über 3600 Drucksachen. Gesetzentwürfe machen nur einen Teil davon aus. Im Vorfeld gesetzgeberischer Initiativen sind es Kleine und Große Anfragen der Fraktionen, Antworten der Regierung auf die Fragen, Anträge, Unterrichtungen, Verordnungen und Berichte, die zwischen den Beteiligten diskutiert werden. Die Links-Fraktion war 2007 mit 610 Drucksachen erneut Spitzenreiter. Danach folgen die FDP mit 484 und Bündnis 90/Die Grünen mit 441. Im Vergleich zu 2006 haben sich die Oppositionsparteien jedoch zurückgenommen. Damals fertigte Die Linke zum Beispiel 671 Drucksachen an. Dass CDU/CSU und SPD mit jeweils knapp über 100 Drucksachen deutlich am Ende dieser Rangliste liegen, erklärt sich daraus, dass Anfragen an die Regierung nur von Oppositionsfraktionen gestellt werden. In den Akten finden sich etwa der Gesetzentwurf zur Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes ( 16/6122) oder der Finanzplan des Bundes für die Jahre 2007 bis 2011. Doch auch eine Kleine Anfrage der Grünen ( 16/6058) zum Gebrauch von so genannten Naturdrogen wie Zaubersalbei und die Antwort der Bundesregierung ( 16/61509) sind darunter. Die Grünen wollten unter anderem wissen, welche Konsumrisiken bestehen. Die Bundesregierung betonte die Gefährlichkeit des Mittels.
Bundestagsabgeordnete und deren Mitarbeiter müssen sich bei so viel Arbeit natürlich auch stärken. Sie können zwischen mehreren Restaurants, Kantinen und Cafeterien wählen, die fünf Tage in der Woche geöffnet haben. "Im Durchschnitt verkaufen wir 1300 Essen pro Tag in der Kantine des Jakob-Kaiser-Hauses, 350 Portionen im Abgeordnetenrestaurant des Paul-Löbe-Hauses und 110 in der Kindertagesstätte des Bundestages", nennt Stefan Czernach, Betriebsleiter Catering des Versorgers Dussmann einige Zahlen. Dazu kämen unter anderem noch Konferenzen.
Doch es sind nicht nur die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter, die den Bundestag beleben. Die Besucherzahlen für 2007 lagen bis Redaktionsschluss nicht vor. Geht man aber von den Zahlen des Vorjahres aus, werden über zwei Millionen Touristen auf die Kuppel gestiegen und rund 700.000 Gäste vom Besucherdienst des Bundestages durch das hohe Haus geführt worden sein.