Frauen sind nicht mit allen Fotos glücklich, die von ihnen geschossen werden. Das ist ein offenes Geheimnis. Fast jede hat schon unvorteilhafte Bilder vernichtet - weil die Frisur gerade nicht saß oder sich die Spur eines Doppelkinns gezeigt hatte. Ein ähnliches Problem plagte die linke Europa-Abgeordnete Sahra Wagenknecht: Sie wurde beim opulenten Hummer-Mahl in einem schicken Straßburger Restaurant fotografiert. Schnell dämmerte der Vorzeige-Kommunistin, dass diese Bilder zu Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremddarstellung führen könnten - schließlich hat Wagenknecht gerade einen Band mit dem Titel "Armut und Reichtum heute" herausgegeben und sich darin auf die Seite des benachteiligten Proletariats gestellt. Um einen falschen Eindruck zu verhindern, schritt sie zur Tat und schickte eine Assistentin ins Büro der Kollegin, die die Bilder gemacht hatte, ließ deren Kamera ausleihen und gab sie wenig später ohne die pikanten Fotos auf der Speicherkarte zurück. Blöd nur, dass die Fotografin dies nicht hinnehmen mochte und die Sache öffentlich machte.
Dabei wäre das Handling der unfrei- willigen PR-Aktion so einfach gewesen: Wagenknecht hätte darauf hinweisen können, dass Hummer noch vor nicht allzu langer Zeit ein Arme-Leute-Essen war - so verbreitet, dass es heißt, es habe an der US-Ostküste einmal einen Streik des Hauspersonals gegeben, bei dem es darum ging, dass das Schalentier künftig nicht mehr als dreimal wöchentlich serviert werden sollte. Hummeressen aus Solidarität mit dem Prekariat!
Das hätte die Lo(e)sung sein können. Dass die nicht proklamiert wurde, lässt nur einen Schluss zu: Die Linke hat einen Kurswechsel in Sachen Online-Durchsuchung vollzogen und will ganz nach der in Wagenknechts Buch verewigten Erkenntnis, das lateinische Wort "privare" bedeute nichts anderes als "berauben", künftig gleich jede Art von Festplatte verstaatlichen. Den Innenminister wird's freuen. Sicher bespricht er diesen Coup gern bei einem netten Abendessen mit Frau Wagenknecht. Vielleicht bei Austern?