Raumfahrtgeschichte
Spannend erzählt wie ein Krimi
Der Weltraum - unendliche Weiten! Wir schreiben das Jahr 1885: In Kaluga, 190 Kilometer südwestlich von Moskau, lebt der Mathematiklehrer Konstantin Ziolkowski, liest Jules Vernes und träumt von neuen Welten. Bald beginnt Ziolkowski selbst Theorien zu entwickeln über den Aufbau von Raketen, über die Möglichkeit von Raumflügen, Raumstationen und die industrielle Nutzung des Weltraums. Er formuliert eine Formel, die Raketengrundgleichung, veröffentlicht Bücher. Die Öffentlichkeit interessiert das wenig. Eigentlich hätte einer wie er in den Wissenschaftsolymp gehoben werden müssen, schreibt der Raumfahrtjournalist Harro Zimmer in seinem Buch "Aufbruch ins All - Die Geschichte der Raumfahrt". Doch der Forscher stirbt im Jahr 1935, ohne zu erfahren, wie viele seiner visionären Ideen in den folgenden Jahren Wirklichkeit werden sollen.
Mit Ziolkowski beginnt vor über 100 Jahren der "Aufbruch ins All", den Zimmer so spannend beschreibt wie einen Krimi - und das war er ja auch: Russen und Amerikaner lieferten sich Jahrzehnte lang einen Kampf um Raumsonden, Kapseln und Raketen, sie steckten Milliarden in ihre Raumfahrtprogramme, schickten Hunde und Schimpansen und bald auch Menschen ins All. Plötzlich gab es nicht mehr "nur" ein Ost und West, sondern auch ein Oben und Unten. Unten auf dem Erdball tobte der Kalte Krieg, oben setzte er sich fort als heißes Rennen um die Vorherrschaft im All.
Zimmer berichtet von diesen Pionierjahren der Raumfahrt in all ihren Facetten. Revolutionäre Erfindungen und technische Errungenschaften beschreibt er im Kontext ganz irdischer Machtpolitik, dazu gibt es beeindruckende, oft ganzseitige Bilder. Das Buch ist weniger ein sachliches Nachschlagewerk. Vielmehr erzählt es die sehr persönliche Geschichte einer Epoche. Immerhin hat Zimmer über 50 Jahre Weltraumforschung miterlebt: Als junger Mann beobachtete er Satelliten für das Moonwatch-Programm der NASA. Den Start von Sputnik 1 verfolgte er live von der Berliner Kamerastation.
Diese Nähe zum Thema führt allerdings auch zu einem Kritikpunkt: Zimmers Geschichte konzentriert sich fast ausschließlich auf die Epizentren der Weltraumforschung in den USA, Russland und Europa. Andere Raumfahrtnationen wie China, Japan oder Indien kommen praktisch nicht vor - und das obwohl ihre langjährigen Bemühungen um eigene Missionen ins All das Buch um viele interessante Aspekte bereichert hätten.
Aufbruch ins All. Die Geschichte der Raumfahrt.
Primus Verlag, Darmstadt 2007; 144 S., 36 ¤