Herr Staude, unsere Erde ist knapp fünf Milliarden Jahre alt - ein echter Oldie?
Nein, sie ist in ihren besten Jahren. Bis sich die Sonne zu einem Riesenstern aufblähen und die Erde dadurch verdampfen wird, sind weitere fünf Milliarden Jahre Zeit. Die äußeren Planeten ziehen danach weiter ihre Bahnen, die Sonne aber wird langsam abkühlen und zusammenschrumpfen. Dann wird es auf den verbliebenen Planeten kalt und zappenduster sein.
Wie können Sie die Lebensdauer der Sonne so genau vorhersagen?
Das ist wie bei einem Kamin: Man weiß, wie viel Holz drin ist und wie lange er brennen wird. Die Sonne ist eine Kugel aus Wasserstoffgas. Wir kennen ihre Größe sowie Druck, Dichte und Temperatur - nämlich 15 Millionen Grad - in ihrem Zentrum. Damit lässt sich ausrechen, wie lange der vorhandene Brennstoff reichen wird. Innerhalb der für die Entwicklung der Menschheit relevanten Zeit sind die astronomischen Bedingungen im Sonnensystem jedenfalls stabil.
Wird es in fünf Milliarden Jahren überhaupt noch Leben auf der Erde geben?
Das ist völlig unklar, wenn wir die Zeiträume bedenken, in denen sich alles abspielt: Vor vier Milliarden Jahren entwickelten sich die ersten Zellen, seit gerade einmal fünf Millionen Jahren laufen die Menschen auf zwei Beinen. Das erste artikulierte Grunzen gaben sie vor hunderttausend Jahren von sich. Aber seit ein paar Jahrhunderten verändern sich viele Merkmale sehr schnell: Mit jeder Generation werden wir größer, älter und zahlreicher. Schwer zu sagen, wohin das in Millionen oder gar Milliarden Jahren führen wird.
Wenn die astronomischen Bedingungen stabil sind, gilt das auch für die Lebensbedingungen auf der Erde?
Unser Lebensraum verhält sich zur ganzen Erde etwa wie eine Apfelschale zum Apfel: Unser Leben spielt sich in der Apfelschale ab, also einem Tausendstel des Ganzen. Unsere Lebensbedingungen hängen empfindlich von den lokalen Verhältnissen in diesem winzigen Lebensraum ab. Und die können sich dramatisch verändern, obwohl die Lage im Großen stabil ist. Was kann einer Eintagsfliege an einem schönen Sommertag nicht alles passieren...
Sie wollen uns Menschen mit Eintagsfliegen vergleichen?
(Lacht) Richtig. Eine Eintagsfliege kommt am Morgen auf die Welt, hat am Tag gute Momente und schlechte, und am Abend ist sie tot. Um sie herum aber war es ein strahlender Sommertag. So müssen wir uns und unser Universum sehen: Im Großen stabil, aber im Kleinen passiert ganz viel. Und uns, ich meine der Menschheit als Ganzes, ist nur ein kurzer Auftritt beschert. Das heißt nicht, dass Eintagsfliegen oder Menschen keine wertvollen Geschöpfe sind - nur ihr Leben in dieser Welt ist vergänglich.
Die Fragen stellte
Johanna Metz