VON BERNARD BODE
"Der Mond ist aufgegangen. Die goldnen Sternlein prangen. Am Himmel hell und klar." Als Matthias Claudius Ende des 18. Jahrhunderts diese Zeilen schrieb, schien die Welt noch klar und übersichtlich. An Raumflug dachte in dieser Zeit noch niemand. Der Mond und die Sterne waren so unendlich weit weg. Zwei Jahrhunderte später landeten zwei Amerikaner auf dem Mond - weitere folgten. Wie zum Jahresende bekannt wurde, plant die US-Raumfahrtbehörde NASA in 24 Jahren die erste bemannte Mission zum Mars.
Die USA und die Sowjetunion lieferten sich während des Kalten Krieges lange Zeit ein Wettrennen um die Vormachtstellung im Weltall. Seit 1990 ist dies vorbei. Die von verschiedenen Nationen, darunter den USA und Russland, unterhaltene "International Space Station" (ISS) schwebt im All - noch unvollständig zwar, jedoch im Wachsen. Im Januar ist geplant, die europäische Forschungsstation "Columbus" an Bord der ISS festzumachen.
Vor allem die Chinesen haben das Ziel, ebenfalls eine Weltraummacht zu werden. Drei "Taikonauten" waren bereits im All. Ein Raumfahrzeug befindet sich bereits in der Planung. Aber auch Inder und Japaner machen sich auf den Weg, künftig ebenfalls im Weltraum eine Rolle zu spielen. Und innerhalb der Europäischen Union ist Frankreich führend in der Raumfahrt.
Welche Rolle spielen die Deutschen? Schließlich können sie auf eine rund 80-jährige einschlägige Geschichte verweisen. Der Name Wernher von Braun löst unter Forschungsexperten (und nicht nur dort) anerkennendes Nicken aus. Der Raketeningenieur diente jedoch auch den Nationalsozialisten und erhielt im Gegenzug eine Menge Geld für seine Forschung. Trauriger Höhepunkt war die so genannte V2-Rakete, die Zehntausende von Menschen tötete. Diese Rakete hatte von Braun entwickelt.
Die zwei deutschen Staaten, die als Folge des Zweiten Weltkrieges entstanden waren, orientierten sich jeweils an ihrer Führungsmacht: Im August 1978 war Siegmund Jähn aus der DDR der erste Deutsche im Weltraum, an Bord der sowjetischen Rakete Sojus-31. 1983 folgte der erste Westdeutsche: Ulf Merbold flog mit dem amerikanischen Spaceshuttle "Columbia" ins All. Weitere sollten folgen.
Raumfahrt ist teuer und steht auf der Prioritätenliste der meisten Politiker nie ganz weit vorne. Das zeigt sich Jahr für Jahr im Haushaltsplan. Doch in den letzten Jahren hat sich die Einstellung zur Raumfahrt spürbar geändert. Wenn eine bemannte Mission zum Mond nicht mehr nur ein Traum ist, sondern vielleicht bald Realität wird, zeigt das, wie ambitioniert die deutsche Raumfahrtpolitik geworden ist.
"Guter Mond, du gehst so stille", heißt es in einem anderen deutschen Volkslied. Sinngemäß könnte man anfügen: Aber du darfst nicht gehen, ehe wir Deutsche nicht einen Fuß auf deine Oberfläche gesetzt haben.