Es gibt ihn nach wie vor in Deutschland - den Antisemitismus. Auch zukünftig, so die Einschätzung der geladenen Experten bei einer öffentlichen Anhörung des Innenausschuss am 16. Juni, sind daher verstärkte Anstrengungen nötig, um dagegen anzukämpfen. Denn Antisemitismus - und auch da herrschte Übereinstimmung - gibt es nicht nur am rechten Rand, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm verwies auf sozialwissenschaftliche Studien, die von einem "latent antisemitischen Einstellungspotenzial" in der Bevölkerung von 20 Prozent ausgehen.
Lob für die Rolle der Bundesregierung im internationalen Kampf gegen Antisemitismus gab es von Deidre Berger vom American Jewish Committee. Sie plädierte dafür, das Amt eines Bundesbeauftragten für den Kampf gegen Antisemitismus zu schaffen. Dieses Ansinnen unterstützte auch Stephan Kramer vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Der Bundesbeauftragte müsse jährlich einen Bericht über die Entwicklungen in diesem Bereich vorlegen, so Kramer. Professor Julius Schoeps von der Universität Potsdam forderte, der Bericht solle durch eine vom Parlament einzusetzende Expertenkommission erstellt werden und müsse Handlungsempfehlungen entwickeln.
Es bringe nichts, mit Antisemiten zu diskutieren, sagte der Publizist Henryk M. Broder. Vielmehr müsse man sie ausgrenzen. "Die Gesellschaft muss klar machen, dass sie Antisemitismus verachtet", forderte Broder, der insbesondere vor dem "modernen Antisemiten ohne Glatze, dafür aber mit guten Manieren" warnte.