BUNDESWEHR
Nun gibt es doch ein Gelöbnis am Reichstag
Die beiden Orte sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt, aber in der Wahl des Platzes liegt eine große Symbolik. Jahrelang fanden Gelöbnisse von Wehrpflichtigen der Bundeswehr nur noch in gut gesicherten Kasernen statt. Inzwischen sucht das Militär, das seinen Ruf durch erfolgreiche Auslandseinsätze gefestigt hat, verstärkt die Öffentlichkeit. Dass die Truppe in diesem Jahr beinahe wieder hinter den Zaun des Bendler-Blocks zurückgeworfen worden wäre und am 20. Juli nicht vor dem Reichstag hätte geloben dürfen, empfand eine Reihe von Abgeordneten als einen zu schnellen Rückzug der Befehlshaber im Verteidigungsministerium. Zuvor hatte im Berliner Grünflächenamt ein "Widerstandsnest" das verbale Sperrfeuer auf die Truppe eröffnet.
Das Grünflächenamt hatte den Antrag des Verteidigungsministeriums auf Nutzung des Platzes der Republik am Reichstag zunächst abgelehnt. Die Zahl der Genehmigungen müsse beschränkt werden, damit der Platz nicht zur Veranstaltungsfläche abgewertet werde: "Dies entspricht nicht der Würde des Ortes als optischer Vorbereich des Zentrums der deutschen Demokratie", hieß es im Ablehnungsbescheid. Einige Tage später, als die Ablehnung hohe Wellen schlug und der Senatsbehörde vorgeworfen wurde, große Politik statt Grashalmschutz betreiben zu wollen, legte das Amt nach. Man habe den Antrag des Ministeriums abgelehnt, weil dieses eine weiträumige Abriegelung des ganzen Areals um den Reichstag herum gefordert habe.
Am Ende setzten sich die Befürworter des Gelöbnisses, inzwischen auch unterstützt vom Regierenden Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit (SPD), durch. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte die Ablehnung des Gelöbnisses am Reichstag, das traditionell am Jahrestag des Attentats auf Hitler stattfindet, als völlig unverständlich kritisiert. "Es gibt keinen geeigneteren Ort, das öffentliche Bekenntnis einer Armee zur parlamentarischen Demokratie zum Ausdruck zu bringen als den Platz vor dem Reichstagsgebäude", betonte Lammert. Er habe dem Wunsch von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), auf dem Platz der Republik das Gelöbnis am 20. Juli abzuhalten, selbstverständlich sofort stattgegeben, sagte der Parlamentspräsident.
Norbert Lammert konnte die Veranstaltung allerdings nicht allein genehmigen. Die Aufregung wurde auch deshalb so groß, weil die Bundeswehr im Unterschied zu anderen Armeen eine Parlamentsarmee ist. Jeder Einsatz muss vom Bundestag beschlossen werden. Auch die Planung eines Denkmals für gefallene Soldaten war von Anfang an heftig diskutiert worden. Viele Abgeordnete forderten, das Denkmal am Reichstag zu erreichten, Jung lässt es jedoch am Bendler-Block, dem Sitz seines Ministeriums, bauen.
Die SPD sieht im Gelöbnis-Streit Fehler im Verteidigungsministerium. "Die Verantwortung für das, was schiefgegangen ist, liegt eindeutig im Bundesministerium der Verteidigung", so der SPD-Wehrexperte Rainer Arnold. Das Gelöbnis sei zunächst als "geheime Kommandosache" betrieben worden. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warf Franz Josef Jung einen "beschämenden und kleinmütigen Rückzug" vor. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Bernd Siebvert (CDU), sagte dagegen, er habe den Eindruck, dass der rot-rote Berliner Senat die Bundeswehr "bewusst an den Rand drängen will".