EHRUNG
Sacharow-Preis 2008 geht an chinesischen Bürgerrechtler Hu Jia
Den Preis wird er persönlich wohl nicht entgegen nehmen können: Denn wenn das Europäische Parlament am 17. Dezember in Straßburg den Sacharow-Preis für geistige Freiheit verleiht, sitzt der diesjährige Preisträger Hu Jia in China im Gefängnis.
Der 35-Jährige ist einer der bekanntesten chinesischen Bürgerrechtler: Er hatte sich für politische Häftlinge, Umweltschutz und Aidshilfe engagiert und eine Untersuchung des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 gefordert. Im April 2008 verurteilte ihn die chinesische Justiz wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" zu dreieinhalb Jahren Haft.
Entsprechend heftig waren die Proteste der chinesischen Führung, als bekannt wurde, dass das EU-Parlament Hu Jia mit dem nach dem sowjetischen Dissidenten Andrej Sacharow benannten Preis auszeichnen will. Noch vor der offiziellen Verkündung hatte der chinesische Botschafter bei der EU den Präsidenten des Europäischen Parlaments Hans-Gert Pöttering (CDU) in einem Brief davor gewarnt, den Preis an Hu Jia zu verleihen. Die Beziehungen zwischen der EU und China würden in diesem Fall "ernsthaft geschädigt", schrieb er.
Doch die EU-Parlamentarier ließen sich davonnicht abschrecken. "Mit der Verleihung des Sacharow-Preises an Hu Jia anerkennt das Europäische Parlament mit Nachdruck und Entschlossenheit den täglichen Kampf für Freiheit aller Verteidiger der Menschenrechte in China", begründete Hans-Gert Pöttering die Entscheidung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe ausgerechnet auf dem Europa-Asien-Gipfeltreffen in China weilte, begrüßte die Auszeichnung.
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gratulierte und erklärte, "dass das Europäische Parlament mit dieser Preisverleihung jenen Mut macht, die mit hohem persönlichem Einsatz Bürgerrechte, politische Öffnung und Demokratisierung in China eintreten."
Hu Jia war in diesem Jahr einer der Favoriten für den Friedensnobelpreis. Dass er ihn nicht bekommen hat, war für viele seiner weltweiten Unterstützer eine Enttäuschung. Nun hoffen Menschenrechtsorganisationen, dass der Sacharow-Preis Hu Jias' Engagement neue Aufmerksamkeit verschafft. Der Preis genießt hohes Ansehen: Zu den früheren Preisträgern gehören Nelson Mandela, Kofi Annan und die Organisation "Reporter ohne Grenzen".