Leiharbeiter in ganz Europa sollen in Zukunft vom ersten Tag ihrer Beschäftigung an die gleichen Rechte bekommen wie ihre fest angestellten Kollegen: Eine entsprechende Richtlinie hat das EU-Parlament nach jahrelangen Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat am 22. Oktober beschlossen.
Der zwischen Ministerrat und Parlament vereinbarte Kompromiss sieht vor, dass Unternehmen von 2012 an keinen Unterschied mehr machen dürfen zwischen Mitarbeitern mit festen Verträgen und solchen, die sie über eine Leiharbeiter-Firma beschäftigen. Das betrifft Arbeitszeit, Bezahlung, Urlaubsanspruch und Gesundheitsschutz-Maßnahmen, aber beispielsweise auch Weiterbildungen, Elternzeit und Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz. Die 27 Mitgliedstaaten müssen auch dafür sorgen, dass den Unternehmen, die gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, abschreckende Sanktionen drohen.
Allerdings dürfen die Staaten laut der neuen Richtlinie Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz zulassen, sofern Arbeitgeber und Gewerkschaften diesen zustimmen.
Die EU-Abgeordnete Karin Jöns (SPD) wertete die Neuregelung dennoch als "großen Erfolg im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping". Auch wenn in Deutschland der Grundsatz der Gleichbehandlung bereits seit 2004 gesetzlich vorgeschrieben sei, sehe die Praxis anders aus: Bis heute verdienten Leiharbeiter hierzulande 20 bis 40 Prozent weniger als Festangestellte, so Jöns. Angesichts dessen forderte sie, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu novellieren.
Derzeit sind nach Angaben der Europäischen Kommission rund drei Millionen Menschen in der EU als Leiharbeiter beschäftigt. Die Bemühungen, ihre rechtliche Position zu verbessern, laufen bereit seit 2002: Damals hatte das EU-Parlament in erster Lesung zahlreiche Änderungen an einem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vorgenommen.
Dieser verschärfte Ansatz zum Schutz von Leiharbeitern war im EU-Ministerrat in mehreren Anläufen auf Widerstand gestoßen. Erst im Juni 2008 konnten sich die Regierungen der Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Position verständigen, die den Kompromiss mit dem mitentscheidungsberechtigten Parlament ermöglichte.