GRUNDLAGENFORSCHUNG
Erfolge zeigen sich häufig spät
"Die Erträge der Grundlagenforschung kommen Wirtschaft und Gesellschaft zugute. Der ursprüngliche Einsatz schlägt sich dabei in einem potenzierten Nutzen nieder", stellt der britische Forschungs- und Technologiepolitik-Experte Ben Martin fest. Der Wissenschaftler der Universität von Sussex hat zahlreiche Studien ausgewertet in denen er den vielschichtigen Wirkungen öffentlich finanzierter Grundlagenforschung auf den Grund gegangen ist.
Die Ergebnisse, die der Forscher im Vorjahr bei der Konferenz "Science Impact" in Wien präsentierte, zeigen, dass die Zunahme an Wissen, das direkt in neue Produkte oder Prozesse mündet, nur ein Teil des Nutzens darstellt. "Weil sich aber viele Untersuchungen über die sozio-ökonomischen Erträge von Grundlagenforschung nur auf diesen Punkt konzentrieren, wird der Gesamtnutzen unvermeidlich unterschätzt", sagt Martin. Buchstäblich spürbar wird das in Deutschland in der biomedizinischen Grundlagenforschung. Von den gut 9,35 Milliarden Euro, die der Etat des Bundesforschungsministeriums in diesem Jahr umfasst, fließen aktuell insgesamt rund 400 Millionen Euro in die Lebenswissenschaften. Ein nicht unerheblicher Teil davon geht in Forschungsprogramme, deren Ergebnisse wohl nur langfristig ausgeschöpft werden können.
Paradebeispiel dafür ist die Stammzellforschung, die mit Hilfe der Gentechnik Konzepte für eine regenerative Medizin entwickelt. Wegen der besonderen Eigenschaft zur Regeneration könnten Stammzellen eines Tages kranke Organe und Gewebe ersetzen, so die Hoffnungen. Für die Stammzellforschung und regenerative Medizin stehen im Forschungshaushalt für mehrere Jahre rund 30 Millionen Euro bereit. Einige ihrer Anwendungen sind heute bereits auf dem Sprung in die Klinik. Beispielsweise profitieren Patienten mit einer bestimmen Form des Herzinfarkts von der Gabe körpereige- ner Stammzellen. Wie klinische Studien an weltweit hunderten von Patienten inzwischen belegen, kann sich abgestorbenes Herzmuskelgewebe nach der Injektion von Stammzellen in die geschädigte Region wieder regenerieren. Hier hat die Grundlagenforschung den Patienten unerwartet schnell erreicht und beginnt sich bereits jetzt auszuzahlen: Als neue, leistungsfähige Therapie, die sich freilich noch in der klinischen Praxis, im Alltag, bewähren muss.