ZUKUNFT
Nobelpreisträger Harald zur Hausen sieht in Gentherapien eine große Chance
Ein gutes Konzept und den unbedingten Willen, daran zu forschen - dann klappt es auch mit dem wissenschaftlichen Erfolg. Der Rat Harald zur Hausens, einem der diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger, an junge Forscher klingt einfach. Doch in ihm steckt eine Menge Wahrheit, hat zur Hausen doch selbst seinen größten Erfolg, den Beweis für die Beteiligung bestimmter Warzenviren an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs, nur feiern können, weil er sich nicht von den vielen Zweiflern hat beeinflussen lassen.
1976 veröffentlichte er die These, dass humane Papillomaviren eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs spielen. Anfang der 1980er-Jahre konnte er mit seiner Arbeitsgruppe erstmals zwei Typen dieses Virus aus an Gebärmutterhalskrebs erkranktem Gewebe isolieren. Er schuf mit seinen Mitarbeitern dadurch die Grundlage für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die bei Frauen dritthäufigste Krebserkrankung. Dafür wurde er unter anderem 2007 mit dem Deutsche Krebshilfe Preis und 2004 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz geehrt.
Arbeit für den Nachwuchs sieht der 72-Jährige noch genug, allein schon in der Krebsforschung. "Man muss sicherlich noch viel Grundlagenforschung etwa bei der ,targeted chemotherapy' leisten, einer Chemotherapie, die auf bestimmte Moleküle abzielt, die bei einigen Krebserkrankungen verändert sind", nennt er ein Beispiel. Auch Gentherapie sei ein Gebiet, das derzeit erfolgreich untersucht werde, aber auf dem noch viel Handlungsbedarf bestehe. "Hier sind noch eine Reihe von Fragen zu klären, etwa wie wir die Präparate gezielt in die Krebszellen einschleusen und verhindern können, dass sie in andere Zellen gelangen", sagt zur Hausen. Würden diese und weitere Fragen geklärt, könne diese Behandlungsform vielleicht in einigen Jahren in der klinischen Praxis angewendet werden. Er will weiter an der Verbindung von Infektionen und Krebserkrankungen forschen, etwa an Lymphomen.
Doch auch auf vielen anderen Gebieten, zum Beispiel in der Diabetesforschung, der Untersuchung verschiedener Stoffwechsel- und rheumatischer Krankheiten, sieht er viel Bedarf. Dafür wünscht er sich mehr Geduld, auch in der Wissenschaft. Der Druck, schnell publizierbare Ergebnisse zu produzieren, sei in vielen Ländern zu hoch, kritisiert zur Hausen. "Bei Bewerbungen spielt die Zahl der Veröffentlichungen in guten Journalen eine ganz entscheidende Rolle und weniger gute Konzepte und originelle Ideen. Hier steckt der Wurm im System."
Insgesamt sei die Situation für Forscher in Deutschland aber "nicht die schlechteste". Die Organisation der Forschungsförderung liege in guten Händen. Dass sich jeder Wissenschaftler mehr Geld für sein Gebiet wünsche, sei selbstverständlich. "Aber das ist ein Wunsch, der bestehen bleibt, egal, wie hoch die Förderung ist", sagt zur Hausen. Nur einen Appell will er an die Politik richten: "Das Rauchverbot darf nicht aufgelockert werden. Jedes Kind weiß, dass ein Viertel aller starken Raucher an Lungenkrebs erkrankt und viele Raucher Herz-Kreislauf-Probleme oder andere Beschwerden haben."