Der Rücktritt von Regierungschef Yves Leterme am 19. Dezember hat in Belgien zur dritten Regierungskrise innerhalb eines Jahres geführt. Zwei Tage später, am 22. Dezember, hat der belgische König Albert II. Wilfried Martens mit Sondierungsgesprächen beauftragt. Martens war bereits zwei Mal, zuletzt von 1981 bis 1992 Premierminister und soll nun zwischen den politischen Parteien vermitteln.
Leterme hatte eine erneute Amtsübernahme ausgeschlossen. Als mögliche Kandidaten für das Amt werden der frühere liberale Ministerpräsident Guy Verfhofstadt sowie der derzeitige Parlamentspräsident Herman Van Rompuy von den flämischen Christdemokraten genannt. Auch sein Parteikollege Jean-Luc Dehaene ist im dafür im Gespräch. Er war von 1992 bis 1999 Regierungschef einer Koalition mit den Sozialisten.
Die Regierung Leterme war zurückgetreten, nachdem das oberste belgische Gericht schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben hatte. Sie soll, so der Kassationshof, versucht haben, auf ein laufendes gerichtliches Verfahren um den Verkauf des belgischen Finanzkonzerns Fortis an die französische Großbank BNP Paribas Einfluss zu nehmen. Leterme bestreitet dies. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll die Vorwürfe prüfen.
Belgien befindet sich momentan in einer schweren Wirtschaftskrise. Eine größere Regierungsumbildung soll daher vermieden werden, damit das Land handlungsfähig bleibt. Ursprünglich war geplant, dass die Regierung ein 2 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket im Parlament verabschieden soll, um die Wirtschaftskrise anzukurbeln. Die Legislaturperiode der Regierung endet erst im Jahr 2011. Beobachter gehen alledings davon aus, dass es wahrscheinlich im Juni 2009 zu Neuwahlen kommen könnte.