GEORGIEN
Das südkaukasische Land muss noch auf den Beitritt warten
Wäre es nach den USA gegangen, dann hätte die Nato auf ihrem Bukarester Gipfeltreffen im vergangenen April Georgien in den sogenannten "Membership Action Plan" (MAP) aufgenommen und damit einen Automatismus ausgelöst, an dessen Ende der Beitritt des Aspiranten schon nach wenigen Jahren gestanden hätte. Es ist auf den Widerstand einiger europäischer Staaten, unter ihnen Deutschland, zurückzuführen, dass man sich schließlich mit einem eher vagen Versprechen begnügte: Der südkaukasische Bewerber kann sich zwar darauf verlassen, dass er zur Nato dazustoßen darf, doch möchte man sich noch nicht festlegen, wann dies der Fall sein wird.
Knapp vier Monate später führte der fünftägige Krieg zwischen Georgien und Russland vor Augen, dass diese Zurückhaltung gute Gründe hatte. Die Frage, wem tatsächlich die Hauptverantwortung für die militärische Eskalation anzulasten wäre, ist dabei eher unerheblich. Die Nato hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, welche Erwartungen sie an einen Staat richtet, der sich um die Mitgliedschaft bewirbt. Im Zentrum steht, dass sein Beitritt dem Bündnis einen Zuwachs an Stabilität einbringen muss. Dies setzt wiederum zwingend voraus, dass er etwaige ethnische Spannungen oder territoriale Streitfragen zuvor aus der Welt schafft und somit keine ungelösten Regionalkonflikte in die Allianz hineinträgt. Georgien jedoch war seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1991 zu keinem Zeitpunkt in der Lage, die vollständige Kontrolle über das gesamte Staatsgebiet herzustellen. Bis auf den heutigen Tag ist es in einen Dauerkonflikt mit "abtrünnigen" Regionen verwickelt, die die Rückendeckung Moskaus genießen. Lediglich Adscharien im Südwesten des Landes konnte 2004 ohne Blutvergießen wieder der Regierungsgewalt in Tiflis unterstellt werden. Eine vergleichbare Lösung für Abchasien und Südossetien ist nach dem Krieg in unerreichbare Ferne gerückt. Auch wenn Moskau beide als "souveräne Staaten" anerkannt hat, betreibt es deren Integration in den eigenen Wirtschaftsraum und verstärkt die Präsenz von Sicherheitskräften. Einem Großteil der Einwohner wurde schon die russische Staatsbürgerschaft zuerkannt. Da Georgien nicht einfach auf die Gebiete verzichten kann, würde sein Beitritt zur Nato die Gefahr heraufbeschwören, dass die Allianz in einen neuerlichen Konflikt mit Russland hineingezogen wird.
Skeptiker monieren auch die noch ungefestigte Demokratie im Lande. Die "Rosenrevolution" Ende 2003 entmachtete zwar ein autokratisches und von Korruption gekennzeichnetes Regime. Die neue Staatsführung unter Michail Saakaschwili scheut aber ebenfalls nicht vor rüden Methoden zurück, um die Opposition in ihrer Arbeit zu behindern, und steuert mit nationalistischer Rhetorik einen unversöhnlichen Kurs in der krisengeschüttelten Region.
Gleichwohl hat sich die Nato nach dem August-Krieg an der Seite Georgiens positioniert und Unterstützung beim Wiederaufbau der zerstörten militärischen Infrastruktur zugesichert. Vor den Zielen, eine russische Hegemonie im Südkaukasus zu verhindern und Moskau kein Veto-Recht bei einer Nato-Erweiterung zuzubilligen, treten alle Bedenken in den Hintergrund. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch Georgien Mitglied der Nato ist.