Homosexualität konnte ein Sicherheitsrisiko sein, zumindest nach den Richtlinien der Bundeswehr in den 80er-Jahren. Angebliche Besuche in der Kölner Schwulenbar "Tom Tom" machten den deutschen Vier-Sterne-Gerneral und Nato-Oberbefehlshaber Günter Kießling zu einem solchen. Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) reagierte prompt und sandte den General ohne übliche Bundeswehr-Ehren zum 31. Dezember 1983 in den Ruhestand. Als Beweis für die vermeintliche Homosexualität diente dem Minister ein Dossier des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) und oberflächlich recherchierte Aussagen aus der Kölner Schwulenszene. Der Bundestag rief zur Klärung der Geschehnisse einen Untersuchungsausschuss ein, zumal sich die Vorwürfe gegen General Kießling nicht erhärteten und Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) persönlich seine Rehabilitierung veranlasste. Am 20. Januar 1984 konstituierte sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss, da er qua Grundgesetz für die Untersuchung von Verteidigungsfragen zuständig ist. Im Abschlussbericht des Ausschusses kritisierte die Grünen-Fraktion, dass die Bewertung von Homosexualität als Sicherheitsrisiko nicht mehr zeitgemäß sei. Und auch die anderen Mitglieder pochten auf künftig stichhaltigere Hinweise für Sicherheitsermittlungen. Auch in der Öffentlichkeit hatte der Fall Kießling einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Vor allem Verteidigungsminister Wörner wurde kritisiert. Doch Kanzler Kohl stellte sich vor seinen Minister. MAD-Chef Helmut Berendt musste allerdings wegen der Affäre zurücktreten.