"Zeremonieller Pomp im Parlament? Glatte Fehlanzeige. Wer den liebt, muss schon nach Frankreich oder England gehen", formulierte Bundestagspräsident Norbert Lammert in einer Rede über die "Würde der Demokratie". "Dort werden (...) die Sitzungen zur Eröffnung des Parlaments in auffälliger Form ,zelebriert'. In Deutschland dagegen sind selbst diese feierlichen Momente (...) schlichte, betont unprätentiöse Veranstaltungen." Das war nicht immer so, wie der faktenreiche wissenschaftliche Sammelband "Das politische Zeremoniell im Deutschen Kaiserreich 1871-1918" zeigt.
In 20 Beiträgen untersuchen die Autoren die unterschiedlichen Aufgaben und Facetten des politischen Zeremoniells im Kaiserreich. - sei es an Kaisers Geburtstag oder beim Stapellauf eines Kriegsschiffs. Im Mittelpunkt stand letztlich immer das Werben der Monarchie um die Loyalität der Untertanen. Oft in direkter Konkurrenz zum Parlament. So war der Einfluss der Abgeordneten auf das Zeremoniell selbst bei der Eröffnungssitzung des Reichtstags im Vergleich zum kaiserlichen Hof höchst gering.
Das politische Zeremoniell im Deutschen Kaiser-reich 1871-1918. Droste Verlag, Düsseldorf 2008; 515 S., 42 ¤