MONTENEGRO
Die Adria-Republik wählt am 29. März vorzeitig ein neues Parlament
Die einzige wirklich spannende Frage nach Schließung der Wahllokale in der kleinen Adria-Republik mit 620.000 Einwohnern wird sein: Gewinnt die Liste "Europäisches Montenegro" aus Ministerpräsident Milo Djukanovics DPS und drei kleinen Bündnispartnern die absolute Mehrheit im 81 Sitze zählenden montenegrinischen Parlament oder nicht. Umfragen sagen ihr derzeit rund 50 Prozent der Stimmen voraus. Doch selbst wenn es für eine Alleinregierung nicht ganz reichen sollte, muss der 47-jährige Djukanovic die stark zersplitterte Opposition bei der zweiten Parlamentswahl seit Montenegros Unabhängigkeit nicht fürchten. Die Gruppierungen sind zerstritten und ideologisch zu verschieden.
Djukanovic, der 1991 im Alter von 29 Jahren erstmals zum Regierungschef gewählt wurde, bekleidete bis heute fast ununterbrochen das Amt des Premierministers oder des Präsidenten. Zunächst als Verbündeter des damaligen serbischen Machthabers Slobodan Milosevic führte Djukanovic Montenegro weitgehend unbeschadet durch die Wirren der jüngsten Kriege im westlichen Balkan. 1996 begann er sich von Milosevic abzuwenden und schlug einen eigenständigen, klar pro-europäischen Kurs ein. Das mit 55,5 Prozent der Stimmen gewonnene Referendum über die Unabhängigkeit und die Herauslösung Montenegros aus dem Staatenbund mit Serbien am 21. Mai 2006 war die Krönung von Djukanovics Karriere. Als nächstes Ziel strebt Milo Djukanovic die Integration seines Landes in die euroatlantischen Strukturen an. Am 15. Dezember des letzten Jahres reichte Montenegro den Antrag auf die EU-Mitgliedschaft ein. Die Vorverschiebung der Parlamentswahl vom Herbst 2009 auf den 29. März begründete die DPS denn auch mit den Herausforderungen, die der Prozess der EU-Annäherung mit sich bringe. Dafür brauche die Regierung ein Mandat von vollen vier Jahren, hieß es. Bei einer Meinungsumfrage im Februar 2009 sprachen sich 72 Prozent der Montenegriner für eine EU-Mitgliedschaft ihres Landes und 12 Prozent dagegen aus. Beim Nato-Beitritt allerdings, der ebenfalls auf der politischen Agenda Djukanovics steht, halten sich Befürworter und Gegner mit je 39 Prozent die Waage.
Die montenegrinische Opposition, aber auch viele Beobachter, sehen dagegen politisches Kalkül als Grund für die Vorverschiebung der Parlamentswahl. Die Regierung wolle sich noch schnell möglichst viel Macht für vier weitere Jahre sichern, bevor die Wirtschaftskrise mit voller Wucht über Montenegro hereinbreche. Tatsächlich dürften die negativen Auswirkungen der Krise in der vor allem auf Tourismus ausgerichteten Adria-Republik in den Sommer- und Herbstmonaten besonders stark spürbar werden. Gerade die russischen Feriengäste und Immobilien-Käufer, die das Urlaubsland mit einer Fläche von nur gerade 13.812 Quadratkilometern in den letzten Jahren buchstäblich überrannten, halten sich mit Buchungen massiv zurück.
Seit 2006 erlebte der junge Staat einen Wirtschaftsboom. Das Brutto-Inlandsprodukt pro Kopf und Jahr stieg von 3.000 auf 5.000 Euro, während die Arbeitslosigkeit von 20 auf 11 Prozent zurückging. Zudem flossen in den vergangenen zwei Jahren rund zwei Milliarden Euro durch den Verkauf von Grundstücken und Immobilien an Ausländer nach Montenegro. Damit dürfte nun Schluss sein. War die Wirtschaft in den vergangenen beiden Jahren noch um jeweils 8 Prozent gewachsen, schließt Finanzminister Igor Luksic für dieses Jahr sogar ein Null-Wachstum nicht mehr aus.