ANLEGERSCHUTZ
Selbstbeteiligung von Sparern bei Insolvenzen fällt weg. Opposition: Mini-Reform
Das neue Anlegerschutzgesetz der Bundesregierung ist von der Opposition scharf kritisiert worden. Im Bundestag erinnerte Axel Troost (Die Linke) am 19. März an die Zusage der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 7. Oktober 2008, wonach kein Sparer um seine Anlagen fürchten müsse. Troost: "Nach diesem Versprechen frage ich mich, warum wir über ein Gesetz reden, das hinter diese Zusage zurückfällt." Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes ( 16/12255) soll die Mindestdeckung für Einlagen, die bisher bei 20.000 Euro liegt, ab dem 30. Juni 2009 auf 50.000 Euro erhöht werden. Ab dem 31. Dezember 2010 soll die Mindestdeckung auf 100.000 Euro angehoben werden. Der Entwurf wurde zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Auch die Auszahlungsfrist soll auf höchstens 30 Tage verkürzt werden. Zudem soll die bisherige Verlustbeteiligung der Anleger in Höhe von zehn Prozent abgeschafft werden. Wie aus dem Entwurf weiter hervorgeht, wird die Erhöhung der Mindestdeckung auf zunächst 50.000 Euro und die Streichung des Selbstbehalts der Anleger in Höhe von bisher zehn Prozent zu einer erheblich höheren Beitragsverpflichtung der an den Sicherungssystemen teilnehmenden Banken führen.
Mit der Änderung würden auch Konsequenzen aus der aktuellen Finanzmarktkrise und den bisherigen Erfahrungen mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz gezogen, schreibt die Regierung in der Begründung des Entwurfs. Außerdem würden Rechtsänderungen der EU berücksichtigt. "Die Änderungen dienen der Stärkung des Vertrauens in das deutsche Kredit- und Wertpapierwesen und insbesondere in die Leistungsfähigkeit der Entschädigungseinrichtungen", heißt es in dem Entwurf. Leistungsstarke Entschädigungseinrichtungen seien ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland.
Von Bankenschließungen betroffene Anleger sollen ihr Geld erheblich schneller zurückerhalten. Die Auszahlungsfristen bei der Einlagensicherung sollen auf 20 Arbeitstage seit Feststellung des Entschädigungsfalls durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) erfolgen. Dafür muss der Anleger seinen Anspruch jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Feststellung des Entschädigungsfalls vorgelegt haben. Die Frist von 20 Arbeitstagen könne bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und nach Zustimmung durch die BaFin auf maximal 30 Arbeitstage verlängert werden. Die Geldinstitute müssten den Entschädigungseinrichtungen innerhalb von einer Woche die erforderlichen Daten zur Berechnung der Entschädigungsansprüche liefern, wird in dem Gesetzentwurf verlangt.
Die Entschädigungseinrichtungen sollen von den Banken Sonderbeiträge erheben dürfen, soweit dies zur Durchführung des Entschädigungsanspruches erforderlich ist. Wenn der Mittelbedarf nicht rechtzeitig durch die Erhebung von Sonderbeiträgen gedeckt werden könne, sollten die Entschädigungseinrichtungen verpflichtet werden, Kredite aufzunehmen.
Troost fragte: "Wer zahlt, wenn der Sicherungsfonds erschöpft ist?" Alle deutschen Einlagensicherungen zusammengenommen könnten keinen Einlagenverlust bei der Deutschen Bank auffangen.
Frank Schäffler (FDP) sprach von einem "Mini-Reparaturgesetz". Das Grundproblem, das zum Beispiel die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen nicht in der Lage sei, die Anlegerentschädigung im Fall des Phonenix-Kapitaldienstes zu finanzieren, werde mit dem Gesetzentwurf nicht gelöst. Im Fall Phoenix warten 30.000 Anleger seit mehreren Jahren auf ihr Geld.
Gerhard Schick (Grüne) wies darauf hin, dass die Finanzkrise im Fall der Einlagensicherung eindrucksvoll gezeigt habe, dass das bestehende System mangelhaft sei. Die punktuellen Änderungen seien nur Flickschusterei und Garant dafür, "dass das System beim nächsten Ausfall eines Institutes aus dem Einlagen- oder Wertpapierbereich erneut kollabiert".
Dagegen verteidigten Abgeordnete der Koalition der Entwurf. Jörg Otto Spiller (SPD) sagte, die Kunden der deutschen Kreditinstitute seien seit langem so gut abgesichert wie kaum irgendwo sonst auf der Welt. "Bei nahezu allen Kreditinstituten geht die Einlagensicherung auch wesentlich über das Maß hinaus, das Gesetz und EU-Richtlinie vorschreiben." Klaus-Peter Flosbach (CDU) bezeichnete die Erhöhung der Mindestdeckung als wichtigen Schritt. Der Abgeordnete kritisierte aber den kompletten Wegfall der bisher bei zehn Prozent liegenden Eigenbeteiligung. Dies lähme die Eigenverantwortung bei der Auswahl von Finanzanlagen. Er sehe hier "eine ganz problematische Denkweise".