BÜRGERENTLASTUNG
Die Steuerzahler sollen künftig ihre Beiträge zur Krankenkasse absetzen können
Licht und Schatten liegen wieder einmal dicht beieinander. Zumindest wenn die Bürgerinnen und Bürger den Ausführungen der Abgeordneten der Koalition und der Opposition bei der Debatte am 19. März zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen ( 16/12254) folgen. Dabei loben die Parlamentarier von Union und SPD die Entlastung der Steuerzahler in Höhe von insgesamt mehr als neun Milliarden Euro jährlich. Aber zumindest die oppositionelle FDP sieht dies mehr als kompensiert durch die Streichung von anderen Abzugsmöglichkeiten.
Worum geht es? Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollen ab 2010 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erheblich besser steuerlich abziehbar sein als bisher. In dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf heißt es, in Zukunft würden alle Aufwendungen steuerlich berücksichtigt, die dazu dienen, ein "sozialhilferechtlich gewährleistetes Leistungsniveau" zu erreichen. Das entspreche im Wesentlichen dem Leistungsniveau der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung. Gesetzlich und privat Versicherte sollten nach dem gleichen Grundsatz steuerlich entlastet werden. Die Bürger würden ab 2010 um jährlich 9,3 Milliarden Euro steuerlich entlastet, wie die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister, Nicolette Kressl (SPD), in der Plenardebatte ausführte. Allerdings gibt es Einschränkungen bei der Absetzbarkeit: So sind nach den Vorstellungen der Regierung Beitragsanteile, die dazu dienten, über die Grundversorgung hinauszugehen, nicht berücksichtigungsfähig. Genannt werden als Beispiele die Chefarztbehandlung oder das Einzelzimmer im Krankenhaus.
"Hierdurch wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums nicht den Sinn hat, die Kosten eines über dem Sozialhilfeniveau liegenden Lebensstandards über die Einkommensteuer auf die Allgemeinheit zu verteilen", sagte Kressl. Vor diesem Hintergrund bleibe dann ein Teil der Beiträge bei der Einkommensteuer unberücksichtigt, soweit damit ein Absicherungsniveau erworben werde, welches über das der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehe.
Privat Krankenversicherte könnten erstmals die Beiträge für ihre mitversicherten Kinder in diesem Umfang steuerlich vollständig absetzen. Auch Unterhaltspflichtige profitieren von der Neuregelung. Ihre Beitragszahlungen für Unterhaltsberechtigte würden im Rahmen des so genannten begrenzten Realsplittings durch eine Erhöhung des Höchstbetrages berücksichtigt. Der Höchstbetrag von 13.805 Euro werde um denjenigen Betrag erhöht, der tatsächlich für eine entsprechende Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten aufgewandt wird. Der Unterhaltsberechtigte müsse die Zahlungen dann versteuern.
Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung können ihre Beiträge mit Ausnahme der Beitragsanteile, die auf einen Krankengeldanspruch entfallen, in voller Höhe absetzen. Ist in dem Beitrag zur gesetzlichen Kasse ein Krankengeldanspruch enthalten, so werde der bei der Steuer abziehbare Betrag pauschal um vier Prozent gekürzt. Bei Beiträgen für die private Krankenversicherung ist der entsprechende Beitrag nicht zu berücksichtigen.
Bisher bei der Steuer berücksichtigungsfähige weitere Vorsorgeaufwendungen, etwa Beiträge für eine Haftpflicht-, Arbeitslosen-, Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung, könnten nicht mehr als Sonderausgaben geltend gemacht werden. In diesen Fällen ist eine sogenannte Günstigerprüfung vorgesehen. Dabei wird zur Vermeidung von Schlechterstellungen altes und neues Recht verglichen und der höhere Abzugsbetrag berücksichtigt. Dies gelte auch für Beiträge zugunsten bestimmter Kapitallebensversicherungen. Bei der Arbeitslosenversicherung handele es sich um eine Versicherung, deren Leistung steuerfrei sei und nur dem Progressionsvorbehalt unterliege. Vor diesem Hintergrund sei ein gesonderter Abzugstatbestand nicht mehr angezeigt.
Dass diese Versicherungsbeiträge in Zukunft nicht mehr abgesetzt werden können, wurde von den Sprechern der Opposition teilweise heftig kritisiert. Für Carl-Ludwig Thiele (FDP) wird die vom Verfassungsgericht vorgesehene Entlastung nur "unzureichend" gewährt und von den Belastungen sei im Gesetzentwurf keine Rede.
Auch Barbara Höll (Die Linke) vermisste die Gegenfinanzierung und kritisierte, dass die Geringverdiener nur wenig entlastet würden. Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass das Bürgerentlastungsgesetz kein Ersatz für eine vernünftige Gesundheitspolitik sein könne.
"Niemand wird schlechter gestellt, aber viele werden besser gestellt", erklärte Gabriele Frechen (SPD). Die größten Gewinner seinen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, von denen 80 Prozent mehr übrig behalten würden. Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) bezifferte den Steuervorteil mit durchschnittlich rund 1.000 Euro im Jahr.
Der Gesetzentwurf wurde nach der Debatte zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss überwiesen.