STÄDTEBAU
Die CSU hat die Eigenheimzulage für den Wahlkampf wiederentdeckt. Die anderen Parteien sind dagegen
Jetzt auch noch die Rückkehr zur Eigenheimzulage: Die CSU löckt weiter wider den Stachel - nach Pendlerpauschale, Gesundheitsreform, Agrardiesel und Mehrwertsteuersenkung für Gaststätten. Parteichef Horst Seehofer will der CDU das staatliche Häuslebauer-Bonbon "für das gemeinsame Wahlprogramm schmackhaft machen" - nicht ganz die alte Form, sondern aufgepeppt durch "eine gezielte Förderung von Familien". Und auch "die Generalsanierung von Wohnungen könnte einbezogen werden", so Seehofer: "Den Anreiz brauchen wir."
Die Zersiedelung der Landschaft sei eine unerwünschte Folge: So lautete eines der eher gefälligen Argumente, als Schwarz-Rot die Eigenheimzulage zum Jahresbeginn 2006 komplett abschaffte. Der Politik ging es in erster Linie um Einsparungen. Schließlich handelte es sich um eine der üppigsten Sub-ventionen aus dem Steuertopf. Aus ihm flossen 2004 noch 11,4 Milliarden Euro für die Zulage ab.
Schon die Aufnahme in das Wahlprogramm der Union könnte schwierig werden. Zwar bekundete CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nebulös, über Instrumente zur Unterstützung von Immobilen-Eigentumsbildung könne gesprochen werden. Aber er beschied auch bündig: "Eine Rückkehr zur Eigenheimzulage wird es nicht geben."
Und ein Regierungspartner, mit dem die Union die Wiederbelebung der Zulage in einem Koalitionsvertrag festschreiben könnte, zeichnet sich nicht ab. Die von der Union für ein Bündnis bevor-zugte FDP stünde dafür nicht zur Verfügung, wie der Haushaltsexperte der Fraktion, Otto Fricke, unmissverständlich deutlich machte. Die Liberalen setzten sich "perspektivisch für Steuersenkungen ein". Da sei die "Wiedereinführung einer Subvention" nun mal "das genaue Gegenteil".
Ganz grundsätzlich schmeckt der FDP nicht, dass die CSU die Bürger "wieder zu einem bestimmten Ausgabeverhalten zwingen" wolle, sagte Haushaltsausschuss-Vorsitzender Fricke. Nach seiner Einschätzung legt es Seehofer "nur noch populistisch" darauf an, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
Ähnlich der Tenor bei der SPD: Auf einen "Konsens" verwies Vizefraktionschef Joachim Poß - nämlich auf den gemeinsamen Koalitionsnenner, "die steuerliche Bemessungsgrundlage möglichst zu verbreitern und so viele Steuersubventionen wie möglich abzubauen". Dieser Konsens, schimpfte Poß, werde "von Seehofer bedenkenlos geopfert, wenn er glaubt, daraus Vorteile für die CSU ziehen zu können".
Auch die Grünen zeigten die kalte Schulter. "Das ist ein populistisches Manöver aus Angst vor einem Desaster bei der Europawahl", gab sich Vizefraktionschefin Christine Scheel sicher. Spitz erinnerte sie daran, dass Seehofer schließlich mit am Kabinetts-tisch gesessen habe, als die Eigenheimzulage abgeschafft wurde. In der Sache findet sie, dass "bei der Förderung für das eigene Haus konsequent an der Riester-Förderung festgehalten werden" solle.
Gesine Lötzsch, die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, rätselte gewiss nicht wirklich, als sie meinte: "Ich weiß nicht, ob Herr Seehofer seinen Vorstoß um der Sache willen unternimmt oder um Frau Merkel zu ärgern." Die derzeit in der Fi-nanzkrise "wichtigste Frage" sei doch, "wie die Kaufkraft der Leute im unteren Einkommensbereich gestärkt werden" könne. Lötzsch verwies darauf, dass die Linksfraktion bei Abschaffung der Eigenheimförderung verlangt habe, die dadurch eingespar-ten Mittel für einen familienfreundlichen Stadtumbau zur Verfügung zu stellen.
So klar die Gefechtslage außerhalb der Union ist, so sehr hält das Rumoren innerhalb der Schwesterparteienn wohl noch an. Auf der bayerischen Seite verschärfte bereits CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer die Tonlage: Die Abschaffung der Zulage - "auf Betreiben der SPD", wie er betonte - habe sich "vermögenspolitisch und wohnungswirtschaftlich als schwerer Fehler erwiesen".
Einen Mitstreiter bei den Christdemokraten haben die weiß-blauen Politiker jedoch mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller. Er riet dazu, die CSU-Aktion nicht gleich komplett zu verreißen. Die Union müsse sich durchaus "Gedanken über Instrumente machen, die Familien bei der Bildung von Wohneigentum helfen". Ganz anders Seehofers benachbarter Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) : Er sei "für vieles zu haben, aber nicht auf Pump", ließ der Baden-Württemberger wissen.
Die Befürworter der Rolle rückwärts bei der Zulage können immerhin darauf verweisen, dass Deutschland beim Wohnungsbau "seit fünf Jahren Schlusslicht in Europa" sei. So jedenfalls titelte der "Infodienst Wohnungsbau" der Landesbausparkassen - und warnte: "Der Neubaubedarf wird längst nicht mehr gedeckt, Angebotsengpässe sind eines Tages unvermeidlich." Nach diesen Angaben werden in Deutschland zwei Wohnungen pro 1.000 Einwohner gebaut. In Italien und Polen sind es vier, in Spanien sogar 6,9 Wohnungen.
Interessengelenkt erscheint auch eine Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau, der ins nämliche Horn stieß. Hauptgeschäftsführer Dirk-Uwe Klaas verspricht sich von einer Eigenheimzulage "ein deutliches politisches Signal für Mittelstand und Familien in Deutschland".
Der Fall lässt sich freilich auch aus einem ganz gegenteiligen Blickwinkel betrachten. "Warum soll denn nur Wohnraum subventioniert werden?", fragte Kai Carstensen vom Ifo-Institut. Lieber Mietwohnung, dafür drei Wochen Gran Canaria: Sollte eine Familie damit "glücklicher" sein, warum solle dann "der Staat sich hier einmischen?" Und Carstensen dozierte: Es sei ja "an sich schon ein fragwürdiges Ziel", wenn der Staat wolle, "dass die Haushalte mehr Vermögen bilden". Schließlich sei Konsum "ja auch schön". Aber wenn schon: "Dann sollte er ihnen mehr vom Bruttoeinkommen lassen."