Sterben die Volksparteien wirklich aus? Für die Union gilt das bisher nicht. Noch bietet sie für alle wichtigen Fragen eine programmatische Antwort, die zumindest von einem Drittel der Wähler für akzeptabel gehalten wird. Trotz sinkender Wahlresultate reicht es für eine Koalition mit einem kleineren Partner und dafür, die Kanzlerin zu stellen. Ob etwa die in Bayern so erfolgreichen Freien Wähler in anderen Ländern oder gar im Bund zu einer ernsten Konkurrenz für die CDU werden, ist gänzlich offen.
Die SPD hat es schlimmer erwischt. Ob sie je wieder mit nur einem Koalitionspartner eine Regierung bilden kann, ist ungewiss, sogar, ob sie die Kraft haben wird, in einem Dreierbündnis der größte Partner zu sein und mithin das Kanzleramt für sich beanspruchen zu können. Denn die Konkurrenz von links, erst PDS und nun Linke genannt, ist von einem ärgerlichen Stimmenräuber zu einer ernsten Bedrohung geworden. In Thüringen konnte sie erstmals mit einigem Recht den Anspruch erheben, den Ministerpräsidenten zu stellen, auch wenn es wohl nicht dazu kommen wird. In anderen ostdeutschen Ländern überflügelt sie ebenfalls die ehemalige Volkspartei SPD und im Saarland kam sie gefährlich in deren Nähe. Wer sagt, dass dieser Siegeszug beendet ist?
Die Grünen nehmen der SPD seit fast drei Jahrzehnten zwar auch Wähler weg, aber doch nicht so viele, dass unklar würde, wer kocht und wer kellnert. Friedens- und Anti-Atom-Politik waren und sind wichtige Anliegen der Genossen, doch nicht der Kern dessen, wofür sie gewählt werden. In diesen Kern, die sozial gerechte Gestaltung der Gesellschaft und vor allem ihres schwächeren Teils, ist jetzt die Linke vorgestoßen. Deswegen ist es diesmal eine existenzielle Bedrohung für die Volkspartei SPD.