BERICHT
Europäischer Rechnungshof deckt erneut Verschwendung von EU-Fördergeldern auf
Auch im vergangenen Jahr sind wieder Milliarden Euro europäischer Fördergelder versickert. Das stellt der Europäische Rechnungshof, das unabhängige Finanzgewissen der EU, in seinem Jahresbericht 2008 fest. Trotz deutlicher Fortschritte würden immer noch Teile des EU-Budgets regelwidrig ausgegeben, kritisieren die Rechnungsprüfer. Allein aus dem Kohäsionsfonds, der strukturschwache Regionen unterstützt, wurden mindestens 2,7 Milliarden Euro zweckentfremdet oder vergeudet. Dabei geht es häufig um Verwaltungsfehler, in einigen Fällen auch um Betrug. Die Prüfer entdeckten etwa einen nur auf dem Papier existierenden Stausee. Die dazu gehörenden Wasserleitungen gab es hingegen wirklich - finanziert in Teilen von der EU, die für das unsinnige Projekt 5,7 Millionen Euro auf den Tisch legte. In einem anderen Fall vergab eine Behörde einen Auftrag ohne Ausschreibung und strich dafür 1,8 Millionen Euro öffentliche Gelder aus Brüssel ein.
Die betreffenden Länder oder Kommunen müssen die verschleuderten Mittel theoretisch zurückzahlen. Überwacht wird das von der EU-Kommission, deren Handlungsspielraum aber begrenzt ist. "In diesem Jahr wurden 629 Millionen Euro zurückgefordert. Bis Ende 2009 dürfte eine weitere halbe Milliarde Euro eingezogen werden", sagte Regionalkommissar Pawel Samecki am 10. November bei der Präsentation des Berichts in Brüssel. Immerhin: Der Rechnungshof machte zwischen den Schatten auch Licht aus. Fortschritte stellte er im Bereich "Landwirtschaft und natürliche Ressourcen" fest, auf den fast die Hälfte des EU-Budgets von rund 117 Milliarden Euro entfällt. Der EU-Reformvertrag von Lissabon biete eine "große Chance", die Kontrollsysteme der EU zu verbessern, sagte Rechnungshof-Präsident Vitor Caldeira. Wichtig sei auch eine Vereinfachung der einschlägigen Regelwerke: "Häufig sind die Unregelmäßigkeiten eine Folge zu komplizierter Vorschriften."
Die EU-Abgeordneten Inge Grässle (CDU) und Jorgo Chatzimarkakis (FDP) verlangten, Länder mit zu laxen Kontrollen müssten schonungslos an den Pranger gestellt werden. "Naming and Shaming" sei der richtige Weg, erklärte Grässle. Und Chatzimarkakis sagte: "Wenn die Haushaltsführung der EU immer wieder zu Kritik Anlass gibt, so liegt das nicht an der EU, sondern an den Mitgliedstaaten, die zuviel Geld versickern lassen." Auch der sozialdemokratische Parlamentarier Jens Geier forderte eine bessere Überwachung und einfachere Rechtsrahmen. "Dafür wird sich der Haushaltskontrollausschuss weiter einsetzen." Bei EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso könnten die Kritiker offene Türen einlaufen - der möchte in seiner zweiten Amtszeit endlich eine strahlende Erfolgsbilanz vorlegen.