Nach Wut und Kritik an der Basta-Politik der vergangenen Jahre wurde auf dem Parteitag der Wille zum Neuanfang bekräftigt. Sind Sie zufrieden mit der Diskussion?
Der Parteitag ist erfolgreich verlaufen, besser als ich es erwartet hatte. Wir haben die elf Jahre Regierungszeit ehrlich und kritisch bewertet. Die Analyse ist damit nicht abgeschlossen. Aber der Parteitag war eine erste wichtige Zwischenetappe, ein Weckruf in die SPD - und auch in die Öffentlichkeit, dass wir eine Partei sind, mit der wieder zu rechnen ist.
Wie soll der angekündigte Aufbruch aussehen?
Wir müssen wieder Themen stark machen, bei denen wir in den letzten Jahren Vertrauen verloren haben. Das betrifft das soziale Profil, also Themen wie Rente, Arbeitsmarkt, insbesondere die Frage der Grundsicherung. Aber auch unsere Wirtschaftskompetenz muss deutlicher werden. Außerdem müssen wir die SPD als Organisation stärken. Die Wahl hat gezeigt, dass wir nicht genug Mobilisierungskraft hatten. Das wird auch eine meiner Aufgaben sein, zu sehen, wie wir an Schlagkraft zulegen können.
Wie sieht Ihr Plan aus?
Das ist der dritte Punkt. Wir müssen uns um die Menschen kümmern, um unsere Ehrenamtlichen, um die alten und neuen Mitglieder. Sie sind unser Schatz. Ein zentraler Wunsch unserer Mitglieder ist Beteiligung. Deshalb wollen wir künftig Urabstimmungen zu einzelnen inhaltlichen Themen machen. Jeder soll ein Mitspracherecht haben und nicht nur durch das Zahlen seines Mitgliedsbeitrags beteiligt sein.
Fällt der SPD eine Neupositionierung aus der Opposition heraus leichter?
Es ist nie leicht in der Opposition. Das hat damit zu tun, dass Kompetenz und Ressourcen wegbrechen. Uns wird die Expertise aus den Ministerien fehlen. Andererseits fällt es in der Opposition leichter, sich freier zu machen von Sachzwanglogik. Wir haben redlich regiert, sind Kompromisse eingegangen, die uns manchmal weh getan haben. Am Ende sind wir dafür nicht belohnt worden. Natürlich kommen auch eigene Fehler dazu. Keine Frage. Jetzt aber ohne Sachzwang sagen zu können: Das will man, das ist richtig, dafür setzen wir uns ein - das ist notwendig, um die Debatten in der Partei zu öffnen
Gehört dazu auch der Beschluss zur Vermögenssteuer?
Dafür haben Sigmar Gabriel und ich auch schon vorher plädiert. Aber trotzdem, ja, das gehört zur Schärfung unseres Profils. Die wäre allerdings auch notwendig gewesen, wenn wir weiter regiert hätten. Die Hoffnungen, die die Wähler in uns als Partei der Arbeitnehmer gesetzt haben, haben wir nicht ausreichend erfüllt. Soziale Gerechtigkeit ist unser Leitbild bei jeder politischen Frage, weit über die Steuerpolitik hinaus. Das muss wieder deutlich werden.
Die Fragen stellte
Nicole Tepasse.