In saarländischen Kneipen wird zuweilen über den Landtag als "Kindergarten" gelästert. Aber solch böse Zungen liegen mit dieser These schon deshalb daneben, weil sich im Parlament ja erwachsene Leute ernsthafter Politik widmen. Dass Grünen-Chef Hubert Ulrich seinem Sitznachbarn Stefan Pauluhn von der SPD eine Art Spionage bezüglich der Auskundschaftung geheimer Papiere unterstellt und deswegen dessen räumliche Distanzierung mittels eines Umbaus der Bestuhlung durchgesetzt hat, kann insofern nur bei oberflächlicher Betrachtung Erinnerungen an frühe Jahre wachrufen. Wir erinnern uns: Im Kindergarten will nicht jeder neben jedem sitzen. Der Plenarsaal des Landtags ist nicht sehr weitläufig konstruiert, weswegen seit jeher auch Regierungs- und Oppositionsabgeordnete nebeneinander Platz nehmen. Ein Problem war das nie. Bis Ulrich kam: Der Ober-Grüne findet es inakzeptabel, dass Pauluhn direkt neben ihm lokalisiert ist. Er könne "keine vertraulichen Papiere lesen", empört sich Ulrich, ohne dass der Geschäftsführer der SPD-Fraktion "die ebenfalls lesen kann", zumal wenn er sich über "wichtige Akten" beuge. Überdies sieht der Grüne vertrauliches Telefonieren durch Pauluhns wache Ohren nebenan als gefährdet. Kompromisse schließt Ulrich aus: "Das geht nicht." Aber sollte es im Saarländer Landtag tatsächlich Spick- und Lauschattacken geben? Pauluhn findet Ulrichs Vorwürfe "lächerlich". Im Übrigen könne er die Unterlagen des Grünen gar nicht ausspähen: Dessen Schrift sei "krakelig" und nicht zu entziffern. Mittlerweile taten CDU und FDP den Grünen den Gefallen und stimmten einer 1.500 Euro teuren Neuordnung der Bestuhlung zu: Fortan liegt ein Gang zwischen Abgeordneten der Regierung und der Opposition. Das neue Sitzmodell ist die erste konkrete Umsetzung eines Beschlusses der Jamaika-Koalition. Womit ihre Handlungsfähigkeit bewiesen wäre.