Seit 2005 werden Webseiten archiviert
Im Internet rast die Zeit: Eine zwei Jahre alte Seite gilt bereits als historisch. Der Deutsche Bundestag unterhält eines der wenigen weltweit öffentlich zugänglichen Webarchive. Seit 2005 können hier archivierte Seiten aufgefunden werden.
Kein Medium hat in den letzten Jahrzehnten unsere Gewohnheiten so verändert wie das Internet. Es ist für uns ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens. Schon seine Allgegenwärtigkeit rechtfertigt eine Bewahrung. Das Web ist etwas völlig Neues – eine bislang nie dagewesene Kommunikations- und Informationsplattform. Das erschwert auch seine Erhaltung. Der Deutsche Bundestag hat eines der wenigen weltweit öffentlich zugänglichen Webarchive.
Die Einrichtung und Unterhaltung dieses Webarchivs brachte und bringt vielfältige Herausforderungen mit sich. Elektronische Zeitschriften oder digitale Akten, digitale Bilder oder Videoaufzeichnungen sind zwar auch eine neue Erscheinung. Sie ergänzen oder ersetzen herkömmliche Kommunikationsformen und Informationsträger. Somit weisen sie zwar neue Elemente auf, viele Erfahrungen mit den traditionellen Vorgängern lassen sich jedoch auf sie übertragen. Nicht so beim Web. Die mit der Webarchivierung verbundenen Fragen sind vielfältig und komplex. Sie resultieren unter anderem aus der Flüchtigkeit des Mediums, seiner oftmals schwer zu durchschauenden Struktur, der Vernetzung, der komplizierten Identifizierung und Abgrenzung des eigentlichen Archivobjektes, der technischen Vielfältigkeit des Mediums – und nicht zuletzt dem Mangel an Erfahrung.
Bislang gibt es auch weltweit nur wenige Institutionen und Initiativen, die sich mit der Webarchivierung beschäftigen und auch schon Ergebnisse vorweisen können. Eine erste Initiative ist das in den USA beheimatete "Internet Archive" ( http://web.archive.org/). Mit einer "Wayback Machine" können hier alte Internetseiten wieder aufgerufen werden. Daneben bestehen mittlerweile einige nationale Webarchive verschiedener Länder.
Auch in Deutschland ist Webarchivierung seit einigen Jahren ein wichtiges Thema. Die Deutsche Nationalbibliothek, die Archive der politischen Parteien, aber auch einzelne staatliche Archive stellen hier die ersten Versuche zu einer Bewahrung deutscher Domänen an.
Das Webarchiv des Deutschen Bundestages gehört weltweit zu den wenigen, die über das Internet für jedermann direkt zur Verfügung stehen ( http://webarchiv.bundestag.de). Hier finden sich seit Januar 2005 angefertigte Kopien älterer Internetseiten des Deutschen Bundestages. So ist zu sehen, was beispielsweise im März 2005 Thema im Bundestag war und die Nation bewegte. Allein im Jahre 2007 wurde über 18.000mal aus dem Internet auf historische Internetseiten im Webarchiv zugegriffen.
Wichtige Gesichtspunkte für die Webarchivierung beim Deutschen Bundestag waren von Beginn an die Benutzerfreundlichkeit für Jedermann, die Sicherung der Authentizität und originalen Erscheinungsform und die Nachnutzbarkeit der Ergebnisse für andere Archive, Bibliotheken, Museen und weitere Gedächtnisorganisationen.
Momentan wird jeden Monat einmal ein Gesamtabzug von www.bundestag.de angefertigt und dieser als sogenannter "Schnappschuss" im Webarchiv abgelegt. Danach durchläuft dieser Schnappschuss eine technische Bearbeitung und Aufbereitung, denn bei einer Benutzung der Seiten soll jederzeit erkennbar sein, dass es sich um archivierte Seiten handelt und was mit den Seiten im Archiv passiert ist. Die Seiten werden weder im Inhalt noch in der Gestaltung verändert; sie sollen eine verlässliche authentische Quelle für die Zeitgeschichte bleiben. Insbesondere die Präsentationsform des Webarchivs hat bereits mehrfach nationale und internationale Beachtung gefunden und gilt als eine der gelungensten Lösungen.
Das Verfahren und System zur Webarchivierung sind in einer Kooperation des Parlamentsarchivs (www.bundestag.de/archiv) und der Online-Dienste des Deutschen Bundestages entstanden. Die dabei gefundenen Lösungen und behandelten Fragen können jetzt in dem aktualisierten Konzept zur „Archivierung von Netzressourcen“ des Deutschen Bundestages nachgelesen werden, das seit letzter Woche online ist. In einer ersten Version war dieses Konzept bereits seit Dezember 2005 im Internetangebot des Deutschen Bundestages abrufbar. Es ist seitdem über 5.000mal heruntergeladen worden. Dies zeigt das große Interesse an Problemlösungen für die Bewahrung digitaler Informationen. Denn diese ist eine Kernfrage unserer Welt: wie kann das traditionelle, aber auch das digitale kulturelle Erbe für künftige Generationen bewahren werden?
Autorin: Angela Ullmann, Parlamentsarchiv