Abschließende Sitzung der NATO PV in Berlin
Als eine „Organisation, welche die Verbindung zwischen Freiheit und Sicherheit herstellt“ bezeichnete Bundestagspräsident Norbert Lammert die NATO am Dienstag, dem 27. Mai 2008, in Berlin. Lammert hatte die rund 350 Delegierten der Parlamentarischen Versammlung des Nordatlantikrats zum Abschluss der fünftägigen Konferenz im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes begrüßt.
Der Präsident der Versammlung, José Lello, NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprachen ebenfalls vor den Delegierten.
Die Aufzeichnug der Sitzung ist ab Mittwoch als Video-on-Demand abrufbar.
Enge Bindung
Dass die Parlamentarische Versammlung der NATO innerhalb kurzer Zeit nun schon zum dritten Mal in Berlin tage, zeige, so Lammert, wie wichtig das Sicherheitsbündnis für Deutschland sei. „Der Aufbau der Bundeswehr nach dem zweiten Weltkrieg hat im unmittelbaren Kontext zum Beitritt zur NATO stattgefunden. Seit es die Bundeswehr gibt, arbeitet sie in und mit den Strukturen dieses Verteidigungsbündnisses.“
Berlin, das jahrzehntelang für die Teilung des ganzen Kontinents stünde, sei zudem heute ein Symbol der Wiederherstellung der Einheit. „Diese Transformation hätte nicht stattfinden können ohne die NATO – ohne die enge Zusammenarbeit von immer mehr Ländern, die sich in dieser Gemeinschaft auf der Basis gemeinsamer Prinzipien zusammengefunden haben.“
Demokratische Prinzipien
Lammert betonte, das Sicherheitsbündnis berufe sich auf gemeinsame demokratische Prinzipien. „Dabei verliert es sich weder in der Illusion, man könnte Sicherheit zum Nulltarif haben, noch in der gefährlichen Vorstellung, Sicherheit genüge sich selbst“, sagte der Bundestagspräsident mit einem Verweis auf die elementare Bedeutung der Menschenrechte.
Transatlantische Visionen
Der Präsident der Versammlung, José Lello, sagt mit Blick auf das 60-jährige Bestehen der NATO im kommenden Jahr, die Parlamentarierversammlung müsse ihrer unterstützenden Funktion weiterhin gerecht werden. Darüber hinaus sei sie Ideengeber für die Zukunft des Sicherheitsbündnisses. „Die Parlamentarische Versammlung wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle in den transatlantischen Beziehungen spielen.“
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gab einen Ausblick auf die Anforderungen an das Sicherheitsbündnis und die Parlamentarierversammlungen in den kommenden Jahren. Er sprach über die Entwicklungsstadien möglicher Beitrittskandidaten im Rahmen der geplanten Erweiterung des Sicherheitsbündnisses, wobei die NATO PV als Bindeglied zu den jeweiligen Nationalen Parlamenten auftrete. Auch das Raketenabwehrprogramm, die Beziehungen zu Russland und der Einsatz Afghanistan gehörten zu den Herausforderungen der zukünftigen sicherheitspolitischen Debatte, so de Hoop Scheffer.
Das neue Zeitalter in Europa nach dem Mauerfall thematisierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede vor der NATO PV. "Die wichtigste Aufgabe ist es, Denkmuster, die noch aus den Zeiten des Kalten Krieges stammen, zu überwinden", so der Minister. "Mauerreste in unseren Köpfen" aus der Phase des "Blockdenkens" verstellten den Blick für die Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Die Lehre von zwei Weltkriegen könne nicht sein, sich aus internationalen Konflikten herauszuhalten. "Wir brauchen diese Kooperation, weil wir die wichtigsten Zukunftsfragen dieser Welt nur noch gemeinsam lösen können."
Hintergrund: NATO-PV
Seit ihrer Gründung im Jahr 1955 begleitet die Parlamentarische Versammlung der NATO, kurz NATO PV, die Arbeit ihrer großen Schwester, der Regierungsorganisation NATO. Der deutschen Delegation der NATO PV gehören 12 Abgeordnete des Bundestages und 6 Mitglieder des Bundesrates an. Repräsentiert wird sie durch ihren Leiter, den Bundestagsabgeordneten Karl A. Lamers, sowie den Vorsitzenden der Delegation des Bundesrats, Staatsminister Volker Bouffier.
Themen der diesjährigen Versammlung waren insbesondere die Entwicklung der Sicherheitslage auf dem Balkan und das künftige strategische Konzept der NATO. Verteidigungsminister Franz Josef Jung sprach über die Transatlantischen Beziehungen und das Verhältnis zwischen NATO und EU. Auch die Diskussion mit den Abgesandten der Duma und des Föderationsrats, den beiden Kammern des russischen Parlaments, war ein Schwerpunkt der Konferenz.
Bindeglied zwischen NATO und den Parlamenten
Die erste Konferenz der Abgeordneten aus den NATO-Mitgliedstaaten fand am 18. Juli 1955 statt. Daraus ging im Jahre 1966 die Nordatlantische Versammlung (NAV) hervor. 1999 wurde sie zur Parlamentarischen Versammlung der NATO umbenannt. Sie tagt zweimal pro Jahr. Finanziert wird sie von den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten und ist damit von der NATO unabhängig. Sitz des Internationalen Sekretariats der Versammlung ist Brüssel.
Heute ist die NATO PV ist ein wichtiger Gesprächspartner der NATO-Gremien. Sie dient als Bindeglied zwischen dem Nordatlantikrat und den nationalen Parlamenten. Ihr Ziel ist es, die Kooperation in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu fördern und die transatlantische Solidarität zu stärken. Sie erarbeitet zu allen die NATO betreffenden Themen Berichte, Empfehlungen und Entschließungen. Vorrangiges Diskussionsthema ist die Sicherheit Gesamteuropas. Es werden aber auch spezielle Probleme in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Umwelt und Kultur der Länder Mittel- und Osteuropas erörtert.
Die NATO PV verfügt über fünf Ausschüsse: den Politischen Ausschuss, den Ausschuss für Verteidigung und Sicherheit, den Ausschuss für Wirtschaft und Sicherheit, den Ausschuss für Wissenschaft und Technologie sowie den Ausschuss für die Zivile Dimension der Sicherheit. Der Generalsekretär der NATO erstattet dem parlamentarischen Arm des Bündnisses regelmäßig Bericht über die Arbeit der Atlantischen Allianz.
Assoziierte Mitglieder
Infolge der großen politischen Veränderungen zum Ende des Kalten Krieges hat die NATO PV verschiedenen Ländern Zentral- und Osteuropas den Status eines assoziierten Mitglieds verliehen. Derzeit haben ihn Albanien, Armenien, Aserbaidschan, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Finnland, Georgien, Kroatien, Moldawien, Österreich, Russland, Schweden, die Schweiz und die Ukraine inne. Zudem haben neun Länder einen Beobachterstatus, unter anderem Australien, Japan, Israel, das Kosovo und der Palästinensische Legislativrat.