Keine Mehrheit für Anträge von Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen
Nicht ausreichend, nicht existenzsichernd: Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke wollten die Regelsätze nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) erhöhen und Kinderarmut bekämpfen. Am Freitag, dem 19. Dezember 2008, lehnte der Bundestag ihre Anträge zur Anpassung der Regelleistungen ab.
Max Straubinger (CDU/CSU) kritisierte die Forderungen nach
Erhöhung der Regelsätze. Die Linke gebe den Menschen
keinen Anreiz mehr, eine Arbeit aufzunehmen. Die Koalition wolle
die Menschen befähigen, „wieder aus eigener Kraft
Einkommen zu erzielen“, betonte Franz Thönnes (SPD),
Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesarbeitsminister.
Das größte Armutsrisiko sei die Arbeitslosigkeit.
„Gleichmacherei“
„Investitionen sind das beste Konjunkturprogramm“, so Dirk Niebel (FDP). Er will die Chancen von Alleinerziehenden durch den Ausbau von Betreuungseinrichtungen erhöhen. Außerdem müsse in die Bildungsinfrastruktur investiert und die gesellschaftliche Mitte entlastet werden.
Gregor Gysi (Die Linke) griff die Regierung ob der
Hartz-IV-Regelung scharf an. Ein Ingenieur und ein Pförtner
bekämen nach einem Jahr Arbeitslosigkeit dieselben
Regelsätze. Das sei „die größte
Gleichmacherei in der Geschichte der Bundesrepublik“. Markus
Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, die Bundesregierung
dürfe „Bildung und Geld nicht gegeneinander
ausspielen“. Seine Fraktion forderte Maßnahmen zur
Erhöhung der Bildungschancen armer Kinder.
Die Linke hatte verlangt, den Regelsatz nach dem SGB soll von 347 Euro auf 435 Euro monatlich anzuheben ( 16/7040). Die derzeitige Höhe der Sätze reiche für den notwendigen Bedarf nicht aus. Die jährliche Anpassung der Regelleistungen solle nicht länger an dem aktuellen Rentenwert, sondern an der Entwicklung der Lebenshaltungskosten ausgerichtet werden,
Auch Bündnis 90/Die Grünen setzten sich für
höhere Regelsätze ein. In ihrem Antrag (
16/7113) verlangten sie ebenso wie Die Linke,
dass die Anpassung der Regelsätze künftig an den
Lebenshaltungskostenindex gekoppelt wird. Die Ankopplung an die
Rentenentwicklung sei realitätsfern. Im Juli 2007 sei der
Regelsatz dadurch lediglich um zwei Euro auf 347 Euro erhöht
worden. Angesichts "drastischer Preissteigerungen für Energie
und Lebensmittel" sei dies nicht dauerhaft existenzsichernd.
Die Regelsätze für Kinder und Jugendliche seien ebenfalls unzureichend und müssten auf eine neue Berechnungsgrundlage gestellt werden, so Bündnis 90/Die Grünen. Für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres beträgt der Regelsatz 208 Euro, für Jugendliche ab 15 Jahren 278 Euro. Anstatt die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen alters- und bedarfsspezifisch zu erheben, würden sie pauschal aus dem Eckregelsatz eines erwachsenen, alleinstehenden Haushaltsvorstands abgeleitet, lautete die Kritik.
Bündnis 90/Die Grünen plädierten zudem für die
Einsetzung einer unabhängigen Kommission, welche die neue
Berechnungsgrundlage für bedarfsgerechte, altersspezifische
Regelleistungen für Kinder und Jugendliche ermitteln soll. Sie
sollte sich aus Vertretern der Wissenschaft, der
Wohlfahrtsverbände, der Sozial- und
Jugendhilfeträgerzusammensetzen. Die Resultate seien dann
unmittelbar umzusetzen.
In einem ergänzenden Antrag ( 16/8761) hatte die Fraktion weitere Vorschläge gemacht, um die Kinderarmut zu bekämpfen. Armen Kindern und Jugendlichen sollten Lernmaterialien und Mahlzeiten im Rahmen der Ganztagsbetreuung gewährt werden. Auch die Teilnahme an kommunalen Sport- und Musikangeboten sollte ermöglicht werden. Die Kosten für die Schülerbeförderung seien in begründeten Fällen vom Staat zu übernehmen, falls keine Erstattung durch das Bundesland vorgesehen sei.
Die Linke wollte schließlich Schülern bis zum 18.
Lebensjahr Zuschüsse gewähren, damit sie sich besondere
Lernmittel kaufen können. Jeweils zu Beginn eines
Schulhalbjahres sollten sie einen Zuschuss in Höhe von 20
Prozent ihrer Regelleistung erhalten.