Ausschuss befragte Experten in einer öffentlichen Anhörung
Banken und Verbraucherschutzorganisationen vertreten unterschiedliche Auffassungen, was die Verbesserung des Anlegerschutzes bei Finanzdienstleistungen angeht. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 28. Januar 2009 deutlich.
Die Vertreter des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken
lehnten ebenso wie die Vertreter des Deutschen Sparkassen-und
Giroverbandes sowohl eine Umkehr der Beweislast als auch die
Verlängerung der Verjährungsfrist ab. Stattdessen
sprachen sich die Bankenvertreter dafür aus, dem Kunden sein
"Anlegerprofil" auszuhändigen und ihm Kurzinformationen
über aktiv vertriebene komplexe Produkte zur Verfügung zu
stellen.
"Längere Verjährungsfrist nicht
gerechtfertigt"
Mit einer Umkehr der Beweislast, so der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken, wäre ein erheblicher Eingriff in die deutsche Rechtssystematik verbunden. Grundsätzlich habe der Kunde zu beweisen, dass der Geschäftspartner Pflichten verletzt habe. Die Verlängerung der Verjährungsfrist von derzeit drei Jahren sei angesichts der Schwankungsbreite des Marktes im Interesse der Rechtssicherheit nicht gerechtfertigt.
Die angedachte Einzeldokumentation aller Kundengespräche
führe wiederum zu einer erheblichen bürokratischen
Belastung aller Beteiligten. Auch bei noch so guter Beratung
bestünden Risiken bei Finanzanlagen, ergänzte der
Vertreter des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Er
äußerte sich kritisch zu einer Ampelkennzeichnung von
Finanzprodukten. Damit würde man bei den Anlegern lediglich
„falsche Erwartungen“ wecken.
"Beweislast vom Kunden auf den Anbieter
übertragen"
Für eine Umkehr der Beweislast sprach sich hingegen Hermann-Josef Tenhagen von der Stiftung Warentest aus. Ähnlich wie beim Autokauf müsse der Anbieter gewährleisten, dass das Produkt funktioniere. Da bei Finanzdienstleistungen der Erfolg oder Misserfolg erst später eintrete, müsse auch die Verjährungsfrist verlängert werden.
Diese Forderungen unterstützte auch Manfred
Westphal vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.
Verbraucherschutz, so Westphal, sei wichtig für einen
funktionierenden Markt. Dazu brauche es auch eine Art
„Marktwächter“. Die der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übertragene
Missstandsaufsicht diene nicht primär dem Verbraucherschutz,
sondern lediglich dazu, die Marktintegrität zu erhalten
Eine verbraucherorientierte Finanzmarktkontrolle dürfe angesichts möglicher Interessenkonflikte nicht der BaFin übertragen werden, sondern müsse unter dem Dach der Verbraucherzentralen angesiedelt werden, forderte Westphal.
"Wahre und klare Preise und Produkte"
Die Ampelkennzeichnung bei Finanzprodukten sei ein „sympathischer Gedanke“, sagte Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dass sich die Banken dagegen sträubten, sei ein „gutes Zeichen“. Ihre Erfahrungen hätten zudem gezeigt, dass Anleger oftmals nicht wüssten, was sie eigentlich gekauft haben.
Preise und Produkte müssten „wahr und klar“ sein,
forderte Prof. Dr. Udo Reifner vom Institut
für Finanzdienstleistungen. Es müssten zudem Unterschiede
gemacht werden zwischen Kunden, die ihr Geld als Altersvorsorge
anlegen möchten, und jenen, die gewinnorientiert sind.
„Wer Altersvorsorge betreiben will, dem dürfen keine
Zertifikate von Lehman Brothers verkauft werden“, so Reifner.
Auf den Mangel an Kenntnissen über das gekaufte Produkt
verwies auch Rechtsanwalt Julius Reiter. Das
betreffe Klienten aus allen Bildungsschichten und zeuge von der
„Informationsasymmetrie“, die zu dem Marktversagen
geführt habe.