CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter im Interview mit "Das Parlament"
Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter ist überzeugt, dass dem möglichen Missbrauch bei der Abwrackprämie ein Riegel vorgeschoben wird. "Bei den Beratungen des Haushaltsauschusses ist es gelungen, eine Regelung zu finden, um eventuellem Missbrauch bei der Abwrackprämie vorzubeugen. Eine klare Regelung zur Entwertung des Kraftfahrzeugscheins von Fahrzeugen, die zur Verwertung gebracht werden, ist jetzt in Sicht“, sagte Kampeter in einem Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament“ (Erscheinungstag 16. Februar 2009).
Der Bundestag hat in der vergangenen Woche das zweite
Konjunkturpaket mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro
verabschiedet. Wie stehen Sie zu dem Paket?
Die Große Koalition will Stabilität und Sicherheit auch in Zeiten der finanziellen Krise garantieren. Deswegen haben wir diesen mehrteiligen Investitions- und Konsumimpuls auf den Weg gebracht, um die Folgen dieser Krise abzumildern. Damit geben wir auch eine international abgestimmte Antwort auf die Herausforderungen der Krise. Auch in der Dimension handelt es sich um einen sehr respektablen Beitrag zur Stabilisierung der weltwirtschaftlichen Dynamik.
Das Paket besteht aus vielen Einzelmaßnahmen. Nicht alle sind
bei Ihnen auf Begeisterung gestoßen. Was stört
Sie?
Es gab in der Unionsfraktion schon eine Debatte über den Sinn oder Unsinn von Konjunkturprogrammen. Aus der Erfahrung heraus wissen wir, dass es meist Strohfeuereffekte sind, die wir mit Konjunkturprogrammen erzeugen. Oft hat man eine gleich hohe Arbeitslosigkeit wie vorher, höhere Inflation und deutlich mehr Schulden. Darüber hinaus gab es in der Unionsfraktion zahlreiche kritische Fragen nach den sektoralen Stützungsmaßnahmen, zum Beispiel im Automobilbereich. Die Frage ist doch, in welchen Bereichen der Staat eingreifen soll und wo er den Strukturwandel zulassen will. Bei diesen Stützungsmaßnahmen ist große Skepsis angebracht, besonders wenn weitere Branchen beim Staat anklopfen und um Hilfe bitten. Das vorgesehene zusätzliche Investitionspaket ist aber konjunktur- und wachstumspolitisch gesehen eine gute und wichtige Maßnahme.
Aber die Abwrackprämie gilt als Erfolg. Die Autohäuser
seien voll mit Kunden, heißt es.
Es wäre der Automobilindustrie zu wünschen, dass die Abwrackprämie tatsächlich ein Erfolg wird. Das wird man aber erst am Ende des Jahres erfahren, wenn die Gesamtzulassungszahlen des Jahres auf dem Tisch liegen. Aber der erste Eindruck ist positiv.
Nun gab es in einer Anhörung Hinweise auf einen Missbrauch bei
dieser Prämie. Was wird dagegen getan?
Bei den Beratungen des Haushaltsauschusses ist es gelungen, eine Regelung zu finden, um eventuellem Missbrauch bei der Abwrackprämie vorzubeugen. Eine klare Regelung zur Entwertung des Kraftfahrzeugscheins von Fahrzeugen, die zur Verwertung gebracht werden, ist jetzt in Sicht.
Mit dem Paket geht eine starke Erhöhung der
Nettokreditaufnahme einher. Ist es richtig, einen Teil der Schulden
in den Tilgungsfonds auszulagern?
Es wäre aus Haushaltssicht nicht zwingend gewesen. Ausnahmsweise ist der Fonds aber in diesem Fall die bessere Lösung. Die Belastungen des Bundes aus den verschiedenen Maßnahmen des Konjunkturpakets werden als sichtbares Zeichen für eine nachhaltige Finanzpolitik in dem Fonds zusammengefasst und mit einer verbindlichen Tilgungsregelung versehen. Auch erhöht das Sondervermögen die Planungssicherheit für Kommunen, Länder und Ressorts, denn es besteht kein Zwang, den Bedarf in Jahresscheiben zu zerteilen.
Finanzminister Steinbrück hat einen Nachtragshaushalt
vorgelegt. War das der letzte Nachtragsetat in diesem
Jahr?
Das ist schwer zu sagen. Ich hoffe ja. Aber wir erleben jetzt sehr unsichere Zeiten. Wir sollten die Wirkung des Konjunkturpaketes abwarten.
Was halten Sie in diesem Zusammenhang von dem Beschluss der
Föderalismuskommission, eine Schuldenbremse einzuführen?
Ist das vernünftig?
Die Schuldenbremse war und ist integraler Bestandteil des Konjunkturimpulses. Es ist ein Grundanliegen der Union, dass in schlechten Zeiten aufgenommene Schulden in guten Zeiten wieder abgebaut werden. Da haben wir in den vergangenen 60 Jahren allerdings zu oft und zu intensiv gesündigt. Mit einer im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse werden diese hemmungslose Schuldenmacherei und dieser fiskalische Frontalangriff auf die nachfolgenden Generationen endlich beendet. Und ich sage es in aller Deutlichkeit: Ohne Schuldenbremse und eine Verpflichtung zu einem Tilgungsplan wäre für viele im Parlament ein Konjunkturprogramm nicht zustimmungsfähig gewesen.
Wie bewerten Sie die Steuersenkungsmaßnahmen im
Konjunkturpaket?
Das Leitbild dieser Maßnahme lautet: Mehr Netto für viele. Die Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 14 Prozent, die Erhöhung des Grundfreibetrages auf 8.004 Euro und die zweistufige Rechtsverschiebung des Tarifs um insgesamt 730 Euro dienen der Konsumstabilisierung. Sie machen zugleich deutlich, dass wir in der Krise auch auf den privaten Verbraucher und auf sein Vertrauen in die Zukunft setzen. Im Verbund mit einer moderaten Preisentwicklung und weltweit gesunkenen Energiekosten hoffe ich, dass der private Konsum in den Jahren 2009 und 2010 steigt und einen Teil der ausfallenden Exporte kompensieren wird.
Gibt es noch Spielraum für weitere
Steuersenkungen?
Weitere Steuersenkungen sind wünschenswert und notwendig. Dazu gehören auch Steuervereinfachungen. Wie hoch eine Nettoentlastung der Steuerzahler sein kann, wird von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Nur mit einer konsequenten Wachstumsorientierung der Politik werden Steuersenkungen auch ohne die Aufnahme neuer Schulden möglich sein.
Sie haben von Steuervereinfachung gesprochen. Die einfachste
Lösung wäre, den Solidaritätszuschlag zu streichen.
Was halten Sie davon?
Der Solidaritätszuschlag ist zu einer wichtigen Säule der Finanzierung der Staatsausgaben für Gesamtdeutschland geworden. Mit seiner Abschaffung würden die Bürgerinnen und Bürger zwar um 13 Milliarden Euro entlastet. Wir schaffen aber in gleicher Höhe ein Finanzierungsloch beim Bund. Wir wollen dies nicht durch neue Schulden stopfen. Und Vorschläge zu Ausgabensenkungen in gleicher Höhe habe ich noch nicht vernommen. Ich bin mittelfristig für eine Integration des Solidaritätszuschlages in den allgemeinen Einkommensteuertarif, mit der man auch eine Entlastungswirkung verbinden könnte.
Es gibt Überlegungen, Banken und Holdings wie die Hypo Real
Estate zu enteignen, um die Krise in den Griff zu bekommen. Ist das
für Sie eine praktikable Möglichkeit?
Man muss sich zuerst einmal über das Ziel einig sein. Ziel ist nicht die Verstaatlichung, sondern die Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes. Daher ist der Begriff Bankenrettung irreführend. Es geht vielmehr darum, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen vor einer ungeordneten Kernschmelze im Finanzsystem zu bewahren. Wir streben zur Rettung von Instituten zunächst marktwirtschaftliche Instrumente wie Kapitalerhöhungen an. Dafür sind gesetzliche Änderungen erforderlich. Die wollen wir in den nächsten Wochen in Angriff nehmen.
Wenn Sie noch einmal einen Blick auf das ganze Paket werfen:
Hätte es eine Alternative gegeben?
Alle Anzeichen sprechen für eine tiefe Krise, von der wir die Dauer nicht kennen. Es ist naiv zu glauben, die Bundesrepublik hätte in dieser Situation abseits stehen können, wenn wie in Großbritannien, Frankreich und den USA massive Konjunkturimpulse gegeben werden. Natürlich wären aus unserer Sicht und in einer anderen politischen Konstellation nachhaltigere und klarere Impulse möglich gewesen. Dieses Programm ist so gestrickt, weil wir eine Große Koalition haben. Die notwendigen politischen Kompromisse bildet die Gesetzgebung ab.